"Wir brauchen Politik for Future", sagt Püspök. Derzeit würde in Sachen Klimaschutz nicht genug vorangehen.

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Sechs Monate und zwei Tage: So lange hat Österreich noch Zeit, um die aktuellen Klima- und Energieziele zu erreichen. Wie die Klimapolitik danach weitergehen soll, wurde zwar im Entwurf des nationalen Energie- und Klimaplans niedergeschrieben, das Papier ist aus Sicht zahlreicher Umweltorganisationen, Wissenschaftler und in einigen Punkten auch laut EU-Kommission jedoch unzureichend. Bis Jahresende hat die Regierung noch Zeit, die Vorhaben bis 2030 niet- und nagelfest zu machen.

Ideen gibt es durchaus: Derzeit versuchen mehrere Parteien, den Klimaschutz für sich zu beanspruchen. Die Neos präsentierten diese Woche 95 Forderungen im Klimaschutzbereich, darunter die Einführung einer CO2-Steuer. Die SPÖ zieht am heutigen Freitag mit entsprechenden Forderungen nach, diese sollen im Laufe des Vormittags präsentiert werden. Und auch Ex-Ministerin Elisabeth Köstinger meldete sich mit einer Forderungsliste in Form eines Erneuerbaren-Paketes zurück.

Geht es nach dem Dachverband Erneuerbarer Energien Österreich (EEÖ), gibt es dennoch viel Aufholbedarf: Der Klimawandel sei "die wichtigste Baustelle überhaupt", so EEÖ-Präsident Peter Püspök: "Und vieles läuft nicht gut." Um Übergangsregierung und Nationalrat auf die Situation aufmerksam zu machen, hat der Dachverband am Donnerstag eine "Klimabaustelle" vor der tatsächlichen Baustelle des Parlaments eröffnet. Mit Warnwesten und Sicherheitshelmen soll auf die Situation aufmerksam gemacht werden. "Wir brauchen ein Parlament, das Klimaschutzverantwortung übernimmt, eine Politik for Future", sagte Püspök in Anspielung auf die Klimaproteste, die jeden Freitag nur wenige Meter entfernt auf dem Wiener Heldenplatz stattfinden.

"Klima-Notfallpaket"

Der Dachverband fordert, dass noch in den kommenden Tagen und Wochen ein "Klima-Notfallpaket" geschnürt wird. Das Werben mit Klimaschutz im Wahlkampf alleine sei nicht genug, so Püspök, bis zur Neuwahl könnten ausreichend Schritte gesetzt werden. Der EEÖ hat dahingehend einige Forderungen parat. Insgesamt sieben wurden in dem Klima-Notfallpaket festgehalten, das nun allen Parteien überreicht werden soll. Zu den Punkten zählt unter anderem ein "paris-kompatibler" Klimaplan; Überbrückungsmaßnahmen für Ökostrom oder der Ausstieg aus Ölheizungen.

Ein solcher Notfallplan sei nicht nur aus Klimaperspektive notwendig, so Püspök. Er könne auch Schäden in der Höhe von bis zu zehn Milliarden Euro bis 2030 von Österreich fernhalten. Dabei bezieht er sich auf Zahlungen, die durch den Zukauf von Emissionszertifikaten auf die Republik zukommen könnten.

Die nahe Zukunft sieht laut EEÖ aber nicht nur aus Budgetsicht düster aus: "Wenn es so weitergeht wie jetzt, werden wir das 2020-Klimaziel deutlich verfehlen", sagte EEÖ-Geschäftsführer Florian Maringer. Eine Ansicht, die auch Forscher des Wegener Centers in Graz teilen. Wie berichtet warnten diese schon im Jänner vor dem Nichterreichen der anvisierten Emissionsreduktion bis zum Jahr 2020.

Fotovoltaikmarkt bricht ein

Nach Berechnungen des Dachverbands wird das im Energieeffizienzgesetz festgelegte Ziel für den Endenergieverbrauch um mehr als zehn Prozent verfehlt werden. Nach einem Rückgang des Anteils erneuerbarer Energien im Vorjahr sei unsicher, ob Österreich seine Vorgaben in dem Bereich erfüllen könne. "Wir haben unseren Energieverbrauch nicht im Griff", so Maringer. Gleichzeitig dürfte aufgrund auslaufender Förderschienen Österreichs Fotovoltaikmarkt im kommenden Jahr um 30 Prozent einbrechen, schätzt der EEÖ.

Erst vergangene Woche wurde bekannt, dass die Mittel für den "Raus aus dem Öl"-Bonus von Türkis-Blau ausgeschöpft sind. Laut Umweltministerium entscheidet erst die nächste Regierung, in welcher Form die Aktion im kommenden Jahr fortgeführt werden soll.

Auch im Bereich der Windenergie herrsche Stillstand, kritisiert Stefan Moidl, Geschäftsführer der IG Windkraft. Derzeit würden 176 Windräder in der "Warteschlange" hängen. Diese könnten nicht gebaut werden, "weil die Politik die Förderungen dafür nicht bereitstellen will", so Moidl. Er rechnet vor, dass jene 176 Windräder Strom für 380.000 Haushalte liefern könnten. Ähnliche Nachrichten kommen seitens des Vereins für Kleinwasserkraft. Laut Geschäftsführer Paul Ablinger warten 120 vollständig bewilligte Anlagen auf Unterstützungsverträge. (Nora Laufer, 28.6.2019)