Nach einem Fernsehauftritt Anfang des Jahres war über Lena Jäger, Leiterin des Frauenvolksbegehrens, eine Welle des Hasses hereingebrochen. Eine ihrer Aussagen war aus dem Kontext gerissen und im Netz verbreitet worden. Daraufhin wurde Jäger zum Ziel einer regelrechten Hetzkampagne. Gegen einige Postings setzt sie sich nun zur Wehr und hat mit Unterstützung des Vereins Zara Klage eingereicht.
Hetze im Netz
Bei der Fernsehdiskussion hatte Jäger eine provokante Äußerung getätigt, die sie in einem Nachsatz bereits wieder relativiert hatte. Doch die aus dem Kontext gerissene Bemerkung verselbständigte sich im Netz, nachdem sie von Martin Sellner, Chef der rechtsextremen Identitären Bewegung, auf Youtube aufgegriffen worden war. Daraufhin wurde Jäger in mehreren Wellen zuerst in öffentlichen Postings und Kommentaren, später auch in direkt an sie gerichteten Nachrichten angegriffen und beleidigt. Es gab unzählige Kommentare zu ihrem Aussehen, ihrer Nationalität (Jäger stammt aus Deutschland) und zu ihrer Sexualität. Bei einer Pressekonferenz sagte sie am Freitag, dass sie das Ausmaß schockiert habe. Parallel zu den Hasspostings erhielt Jäger aber auch viele Solidaritätsbekundungen. Und diese hätten sie darin bestärkt, sich rechtlich gegen einige der besonders heftigen Beleidigungen zu Wehr zu setzen.
Hilfe für Betroffene
Mit Unterstützung des Rechtshilfefonds des Vereins Zara hat Jäger nun Klage gegen ein erstes Hassposting eingereicht. Vertreten wird sie dabei von Anwältin Maria Windhager, die auch den STANDARD medienrechtlich vertritt. Im konkreten Posting hatte eine Nutzerin Jäger eine Vergewaltigung durch Flüchtlinge gewünscht.
Für Zara und Windhager geht es aber nicht nur um Jägers Sache. Der Fall soll aufzeigen, welche Möglichkeiten von Hass im Netz Betroffene haben, und den politischen Diskurs vorantreiben. Der Rechtshilfefonds war nach dem Fall Sigi Maurer eingerichtet worden. Die Grünen-Politikerin hatte eine beleidigende persönliche Nachricht veröffentlicht, woraufhin sie vom mutmaßlichen Verfasser wegen übler Nachrede erfolgreich geklagt worden war.
Der mit Spendengeld eingerichtete Rechtshilfefonds soll auch anderen Betroffenen zugutekommen. Denn: Bei Beleidigungen handelt es sich um ein Privatanklagedelikt. Die Kläger tragen das volle Prozessrisiko, was sich viele nicht leisten können. Viele Opfer wollen solche auch persönlich sehr belastende Verfahren daher nicht auf sich nehmen, weiß auch Maria Windhager.
Erste Anlaufstelle
Zara dient mit der Meldestelle für Hasspostings als erste Anlaufstelle. Der Verein hat bei den meisten sozialen Medien den sogenannten Trusted-Flagger-Status. Postings, die von Zara gemeldet werden, werden eher gelöscht als bei Durchschnittsnutzern. Und der Verein überprüft, ob durch die Inhalte strafrechtlich relevante Tatbestände erfüllt werden und sie für Klagen geeignet sind. Damit Mittel aus dem Rechtshilfefonds herangezogen werden können, müssen die Beleidigungen mit Screenshots und Datum gut dokumentiert sein, und es sollte eine gute Aussicht auf Erfolg geben.
Windhager begrüßt, dass Jäger ihren Fall publik macht und so die rechtlichen Möglichkeiten aufgezeigt werden können und ein Signal gesetzt wird. Denn Hasspostings würden oft darin resultieren, dass sich Betroffene – sehr oft Frauen – aus dem öffentlichen Diskurs zurückziehen.
Gesellschaftlicher Wandel erforderlich
Letztendlich wünschen sich Zara und Anwältin Windhager aber, dass ein gesellschaftlicher und politischer Wandel stattfindet. Das neue Bundesgesetz über Sorgfalt und Verantwortung im Netz ist laut Caroline Kerschbaumer von Zara jedenfalls nicht dazu geeignet, Hass im Netz besser zu bekämpfen. Das Gesetz sieht unter anderem vor, dass sich Poster gegenüber Onlineplattformen ausweisen müssen. Doch gerade im Fall von Sigi Maurer habe sich gezeigt, dass auch eine Klarnamenpflicht nichts ändern würde. Bei Zara pocht man daher auf eine gezielte Förderung der Präventionsarbeit, auf eine Verschärfung des Cybermobbing-Paragrafen sowie auf eine Aufstockung der Staatsanwälte. Windhager würde außerdem gerne die Rechtsschutzversicherungen ins Boot holen, damit sie auch solche Fälle abdecken.
Aus der Politik hat sich die SPÖ mit Lena Jäger solidarisch erklärt. "Die Gesetze bieten noch keinen ausreichenden Schutz gegen diese Form der Gewaltausübung", heißt es in einer Aussendung vom Freitag. Auch das Bundesgesetz für Sorgfalt und Verantwortung im Netz sei weitgehend wirkungslos. Man fordere daher einen niederschwelligen Opferschutz. Die SPÖ-Abgeordneten Mario Lindner und Muna Duzdar hatten bezüglich der Aufstockung der Staatsanwälte zudem vor kurzem eine parlamentarische Anfrage an Justizminister Clemens Jabloner gerichtet. Daraus geht hervor, dass keine Sonderstaatsanwaltschaft zur Bekämpfung von Computerkriminalität und Hass im Netz geplant ist. Eine personelle Aufstockung werde diskutiert. (Birgit Riegler, 28.6.2019)