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Vor genau hundert Jahren durften Frauen zum ersten Mal an der Technischen Universität (TU) Graz inskribieren. In dieser Woche gibt es ein weiteres Jubiläum: Anna Eibel ist eine der ersten zwei Frauen, die an der TU Graz ihr Doktorat sub auspiciis abschließen – die höchstmögliche Auszeichnung für Studienleistungen in Österreich.

Für ihr Doktorat forschte sie am Institut für physikalische Chemie auf dem Gebiet der lichtinduzierten Polymerisation. Während dieser werden einzelne Ausgangsstoffe, sogenannte Monomere, durch sich wiederholende Reaktionen miteinander verbunden, wodurch sie lange Ketten bilden. Wichtig sind dabei die Startmoleküle, die diese Polymerisation auslösen. In Eibels Fall geschieht das durch Licht und sogenannte Photoinitiatoren. Sie sorgen dafür, dass die Kettenreaktion und somit die Transformation des Materials von einem flüssigen in einen festen Zustand gestartet wird.

Zum Einsatz kommt das etwa bei der Herstellung von Kunststoffbeschichtungen, im 3D-Druck oder – wie in Eibels Projekt – bei Zahnfüllungen: "Früher hat man hier Amalgam oder Gold verwendet. Heute nützt man kunststoffbasierte Materialien, die beim Zahnarzt mit diesen blauen LED-Lampen gehärtet werden."

In ihrer Dissertation beschreibt sie, wie und warum die Moleküle reagieren. Um die Photoinitiatoren anschließend zu verbessern, wurde etwa der Einsatz verschiedener Lichtwellenlängen getestet. Der perfekte Photoinitiator ist von Anwendung zu Anwendung verschieden: Will man eine dünne Beschichtung machen, braucht man etwa andere Initiatoreigenschaften und Belichtungswellenlängen als bei der Herstellung von Zahnfüllungen, die bis zu vier oder fünf Millimeter tief sein sollen. "Bei Zahnfüllungen ist es wichtig, dass man sichtbares, also blaues Licht verwenden kann. UV-Licht wäre gesundheitsschädlich für die Patienten und hätte auch eine zu niedrige Eindringtiefe", erklärt die Chemikerin.

Eine Gruppe ihres Instituts stieß so auf dem Element Germanium basierende Photoinitiatoren, die sich optimal für Eibels Anwendung eigneten. Involviert in ihr Projekt war außerdem ein Industriepartner aus dem Bereich der Zahnmedizin.

Eine Kooperation, die sich als sehr hilfreich herausstellte: "Wir können den besten Photoinitiator finden, der dann aber überhaupt nichts bringt, wenn er mit vorhandenen Lampen nicht aktiviert wird oder nicht gut gelagert werden kann." Schon vor zehn Jahren kam Eibel zum ersten Mal an das Institut für physikalische Chemie, damals für ein Praktikum. "Ich habe dann in Chemie maturiert und gemerkt, dass mir das Spaß macht." Ihr weiterer Weg wird sie nun vermutlich von der Wissenschaft zum Patentwesen führen.

Dass sie ihr Doktorat sub auspiciis und vor allem in diesem besonderen Jubiläumsjahr abschließen konnte, freut sie selbstverständlich: "Ich denke, die Ereignisse der vergangenen 100 Jahre zeigen, dass viel passiert ist. Ich wünsche mir, dass noch sehr viele Frauen hier promovieren werden und der Weg zur vollkommenen Gleichstellung noch weiter geebnet wird." (krop, 30. 6. 2019)