Birgit Birnbacher (33).

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Im diesjährigen Gewinnertext des Bachmannpreises kann man die Biografie der Autorin Birgit Birnbacher durch die Zeilen schimmern sehen – und das im besten Sinne. Der Text Der Schrank (von dem sich die Jury bereits in der Diskussion begeistert zeigte und den Juror Stefan Gmünder für seine "knisternde", aufrührende Sprache lobte) erzählt von einer jungen Frau, die in einer trostlosen Salzburger Mietkaserne lebt; dort, wo weder die Straßenreinigung noch der Festspielglanz hinkommen.

Zusammen mit ihren Nachbarn nimmt sie an einer Sozialstudie teil, es geht um "Lebensverhältnisse und Neue Arbeit". Um jene Schichten also, die gerne vergessen werden, wenn es darum geht, wie gut doch die Wirtschaft läuft in Österreich. Die 1985 in Schwarzach im Pongau geborene Birnbacher weiß, wovon sie da schreibt. Die Schule brach sie ab, machte eine Lehre, leistete Freiwilligenarbeit in Äthiopien und Indien. Nach verschiedenen Jobs (unter anderem als Behindertenpädagogin in der Kinder- und Jugendarbeit) studierte sie Soziologie und Sozialwissenschaften und arbeitete als Soziologin im Gemeinwesen.

Zuhören und Nachfragen

"Beruflich", sagt sie, "habe ich immer sehr viel mit den Schicksalen und Lebenswegen von Menschen zu tun gehabt, ein ganz wichtiger Teil dieser Arbeit besteht aus Zuhören und Nachfragen. Ich glaube nicht, dass es möglich ist, dass einen das im Schreiben nicht beeinflusst."

Tatsächlich merkt man das ihren Texten an, nicht in plumper Betroffenheit, sondern in feinen Untertönen. Auch in der leisen Ernsthaftigkeit, dem unaufdringlichen Mitgefühl, mit dem sie Schicksale wie jenes des Paketboten erzählt, der in ihrer Erzählung im "Abstandsgrün" zusammenbricht. Nicht wegen der Hitze, obwohl auch die in Birnbachers Text eine große Rolle spielt – es sind die vier Jahre 60-Stunden-Wochen bei OTS, die den Mann in die Knie zwingen.

Literarisch keine Unbekannte

Literarisch ist die Autorin keine Unbekannte mehr. Seit 2012 hat sie bereits zahlreiche Werke veröffentlicht, darunter ihren Debütroman Wir ohne Wal (Jung und Jung, 2016), für den sie mit dem Literaturpreis der Jürgen-Ponto-Stiftung ausgezeichnet, für den Rauriser Literaturpreis sowie den Alpha Literaturpreis nominiert wurde – und mit dem sie 2016 auf der ORF-Bestenliste stand. Auch den Rauriser Förderungspreis und den Autorenpreis des Irseer Pegasus hat sie bereits erhalten. Mit dem 2016 geborenen Sohn Xaver lebt Birnbacher als freie Schriftstellerin in Salzburg. (Andrea Heinz, 30. 6. 2019)