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Das Gespräch zwischen Donald Trump und Kim Jong-un fand später auf südkoreanischer Seite statt. Für die Fotografen war der Kurzaufenthalt im Norden freilich weitaus interessanter.

Foto: REUTERS/Kevin Lamarque

Hektisches Treiben an der Grenze zwischen Nord- und Südkorea: Als Donald Trump am Sonntag die Demarkationslinie überschritt und damit als erster amtierender US-Präsident einen Fuß auf nordkoreanischen Boden setzte, sah dies ganz und gar nicht nach einem bedeutungsvollen Staatsakt aus. Eher schon nach politischer Improvisation ganz in Trump-Manier.

Einige wenige Fotografen und Kameraleute umschwirrten Trump und Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un, hielten fest, wie sie sich zuerst über die Grenzlinie hinweg die Hand reichten, wie sie dann gemeinsam ein paar Schritte auf nordkoreanischer Seite machten, um gleich darauf wieder Richtung Süden zurückzukehren. "Aus dem Weg!", riefen ihnen aufgebrachte Sicherheitsleute zu und übertönten damit als Einzige das hundertfache Klicken der Fotoapparate. Ein paar Sekunden später war der Spuk an der Grenze auch schon wieder vorbei.

Zwei Minuten

Erst am Samstag, am Rande des G20-Gipfels im japanischen Osaka, hatte Trump Kim via Twitter ein Treffen im Rahmen seines geplanten Südkorea-Besuchs angeboten. Er wolle Kim an der Grenze "für zwei Minuten" treffen, ihm die Hand schütteln und Hallo sagen, so der US-Präsident. Kim räumte ein, dass ihn der Vorschlag überrascht hatte, stimmte der Begegnung dann aber rasch zu.

Im Anschluss an das Posieren nördlich der Demarkationslinie kam es zu einer kurzen gemeinsamen Begegnung mit Südkoreas Präsident Moon Jae-in. Erst dann zogen sich Trump und Kim zu einem knapp einstündigen bilateralen Gespräch zurück. Dabei verständigten sich beide Seiten darauf, die Verhandlungen über Nordkoreas Atomprogramm wieder aufzunehmen. Die Unterhändler beider Seiten sollen in den kommenden "zwei oder drei Wochen" mit entsprechenden Beratungen beginnen. Ziel der USA ist es ja, Pjöngjang dazu zu bringen, auf Atomwaffen zu verzichten. Im Gegenzug könnte Washington die Sanktionen gegen das international isolierte kommunistische Land aufheben. Donald Trump und Kim Jong-un tauschten am Sonntag zudem Einladungen nach Washington respektive Pjöngjang aus.

Keine greifbaren Erfolge

Beide Politiker hatten einander das erste Mal im Juni 2018 in Singapur getroffen. Nordkorea hatte damals einer Denuklearisierung zugestimmt, konkrete Schritte wurden aber nicht beschlossen. Ein weiteres Treffen im vietnamesischen Hanoi im Februar brachte keine Annäherung. Hintergrund der Gespräche ist auch der technisch nach wie vor aufrechte Kriegszustand: Der 1950 ausgebrochene Konflikt zwischen dem von den USA unterstützten Süden und dem kommunistischen Norden wurde 1953 nur durch einen Waffenstillstand beendet.

Nordkorea bezeichnete das Treffen als "historisch". Die staatliche Nachrichtenagentur KCNA schrieb am Montag, mit einem "produktiven Dialog" solle nun ein "neuer Durchbruch bei der Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel" erzielt werden. Auch aus Moskau kamen zunächst positive Signale: "Wenn es möglich ist, so die Situation zu entschärfen, können davon alle profitieren", sagte Konstantin Kossatschow, der Chef des Auswärtigen Ausschusses im russischen Föderationsrat. Für Kritiker hingegen geht Trump mit seiner Annäherung an Kim schon seit 2018 zu weit: Trump würde einen Diktator legitimieren, ohne gleichzeitig greifbare Erfolge präsentieren zu können.

"Unser Präsident sollte amerikanischen Einfluss nicht für Fototermine und den Austausch von Liebesbriefen mit einem rücksichtslosen Diktator vergeuden", schrieb die Senatorin Elizabeth Warren auf Twitter. Der aussichtsreiche Präsidentschaftsbewerber Joe Biden warf Trump vor, Kim zu "hofieren". (Gerald Schubert, 30.6.2019)