Kritik an der Einigung verteidigt SPÖ-Chefin Rendi-Wagner: Es sei wichtig gewesen, das Gesetz noch vor der nächsten Wahl durchzubringen.

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Die SPÖ hat die Kritik an den geplanten neuen Regeln zur Parteienfinanzierung, wonach es sich um einen unausgegorenen Schnellschuss handle, zurückgewiesen. Angesichts der bevorstehenden Nationalratswahl im September sei es wichtig gewesen, eine schnelle Lösung zu finden, sagte Parteichefin Pamela Rendi-Wagner bei einer Pressekonferenz am Montag.

Der Verfassungsausschuss des Nationalrats hat am Montag die von SPÖ, FPÖ und Jetzt ausgearbeiteten neuen Regeln zur Parteienfinanzierung beschlossen. Am Mittwoch soll die Reform des Parteiengesetzes dann im Plenum des Nationalrats beschlossen werden. Die neuen Regeln gelten damit schon für den kommenden Nationalratswahlkampf. Ebenfalls mit den Stimmen von SPÖ, FPÖ und Jetzt wurde beschlossen, dass die Klubförderung um bis zu drei Prozent erhöht wird, wenn der Anteil der Frauen in einer Fraktion über 40 Prozent liegt.

SPÖ-Vizeklubobmann Jörg Leichtfried erklärte, der Sozialdemokratie sei es darum gegangen, auf Dinge zu reagieren, die passiert sind. Die Parteispenden für die ÖVP durch diverse Unternehmer hätten den Anschein erweckt, "dass Regierungspolitik käuflich" sei und die Spendengeber mächtiger seien als das Wahlrecht. "Diesen Anschein von Bestechlichkeit haben wir beseitigt", so Leichtfried.

Die Kritik an der geplanten Regelung, dass weiterhin keine echte Prüfung durch den Rechnungshof vorgesehen sei, lässt die SPÖ nicht gelten. Der Rechnungshof habe sehr wohl Prüfungsrechte, außerdem seien bei Verstößen gegen die Regeln Strafen vorgesehen, sagte Leichtfried.

Kickl zufrieden

Zufrieden mit der gefundenen Lösung für die Parteienfinanzierung hat sich am Montag auch der geschäftsführende FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl gezeigt. Die "Anfütterung", die bisher nur für einzelne Abgeordnete verboten sei, werde nun auf die Parteien ausgeweitet, meinte er in einer Pressekonferenz. Dass der Rechnungshof (RH) keine weiteren Einsichtsrechte bekommt, verteidigte er ebenso wie die Tatsache, dass keine Strafverfolgung bei Verstößen gegen die Finanzierungsregeln vorgesehen sei: Dies wäre "überzogen", so Kickl, außerdem greife hier das Verwaltungsstrafrecht.

Rossmann sieht "Lücke"

Die Liste Jetzt sieht das Paket als "ersten Schritt", so Klubobmann Bruno Rossmann. Er hätte sich aber natürlich gewünscht, dass auch die Einsichtsrechte für den Rechnungshof beschlossen werden. Das sei "eine Lücke". In dieser Frage sieht er nun Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein gefordert. Auch ein Straftatbestand "Spendenwäsche" fehle – sowie ein Verbot von Spenden von öffentlichen Unternehmen. Rossmann würde sich wünschen, dass sowohl Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker als auch Bierlein Druck auf die drei großen Parteien ÖVP, SPÖ und FPÖ ausüben, um doch noch verstärkte Transparenzpflichten inklusive Einsichtsrecht des Rechnungshofs in die Belege zu ermöglichen.

Kurz sieht Intransparenz

ÖVP-Obmann und Ex-Kanzler Sebastian Kurz hat das vorgelegte Parteiengesetz kritisiert. Das Paket sehe weiter Intransparenz vor, sagte er am Montag am Rande einer Pressekonferenz. Kurz bestätigte, dass der Klub dazu einen eigenen Antrag einbringen wolle.

Die geplante jährliche Spendenobergrenze von 7.500 Euro pro Spender kritisierte wiederum Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP). Diese sei "nicht verfassungskonform und auch nicht nachvollziehbar", sagte er der "Kleinen Zeitung". Spender sollten nicht in ihrer Verfügungsfreiheit über ihr Eigentum eingeschränkt werden, findet der Nationalratspräsident.

Neos: Neue Parteien verhindert

Die Neos, die dem Gesetz nicht zustimmen, haben am Montag scharfe Kritik an den von SPÖ, FPÖ und Jetzt geplanten Regeln zur Parteienfinanzierung geübt. Der Vorschlag werde kein einziges Problem, das durch das Ibiza-Video deutlich geworden sei, lösen, sagte Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger bei einer Pressekonferenz am Montag. Stattdessen verhindere er das Entstehen neuer Parteien. "Das ist eine reine Verstaatlichung des Systems."

"Das, was wir dort (Ibiza-Video, Anm.) gesehen haben, verschachtelte, verdunkelte Finanzierung der Parteien, wird weiter bestehen bleiben", zeigte sich Meinl-Reisinger überzeugt. Der Vorschlag habe den "einzigen Sinn, sich die eigene Konkurrenz vom Leib zu halten", übte sie Kritik an der geplanten Spendendeckelung. "Ohne diese Zuwendungen würde es Neos nicht geben, würde es keine neuen Parteien geben."

"Mit fetter Hose ist leicht stinken, werte SPÖ", sagte Meinl-Reisinger mit Hinweis darauf, dass Gewerkschaften und andere Vereine nicht in die geplanten Regelungen hineingenommen worden seien. Sie forderte, dass auch alle den Parteien nahestehenden Vereine und Organisationen ihre Finanzen offenlegen müssen. Außerdem sprach sie sich einmal mehr für die volle Kontrolle durch den Rechnungshof aus sowie für die Einführung des Straftatbestands der illegalen Parteienfinanzierung. Umfangreiche Transparenz und Kontrolle würden eine ganz klare Bedingung für eine etwaige Zusammenarbeit mit den Neos im Herbst sein, bekräftigte sie.

Sollte es möglich sein, über einzelne Teile des Pakets abzustimmen, könne sie sich allerdings vorstellen, den schärferen Sanktionen bei Überschreiten der Wahlkampfkosten zuzustimmen.

Grüne sehen "Rosinenpicken"

Die Grünen finden die geplante Beschränkung der Parteispenden zwar "grosso modo positiv", für Bundessprecher Werner Kogler weist der von SPÖ, FPÖ und Jetzt präsentierte Vorschlag zur Reform der Parteienfinanzierung aber "einige große Löcher" auf. Er vermisst vor allem Kontrollrechte des Rechnungshofs und strafrechtliche Sanktionen bei Verstößen.

Während SPÖ und FPÖ ihre Schlupflöcher noch eine Spur offenhalten wollten, wollten ÖVP und Neos weiter an Großspenden festhalten, hielt Kogler in einer Aussendung den anderen Parteien vor. "Das Agieren der Parlamentsparteien ist ein Musterbeispiel dafür, dass es ihnen nicht nur um die Sache geht. Es werden Allianzen gesucht, um die jeweils eigenen Pfründe entgegen den Vorschlägen der Experten verteidigen zu können und die Konkurrenz zu schwächen. Mit Rosinenpicken wird das Vertrauen in die Parteien nicht zurückgewonnen werden." Der Grünen-Chef kündigte an, noch im Wahlkampf eine verbindliche Punktation vorzulegen, die von allen Parteien unterschrieben werden kann, um die Lücken zu beseitigen.

Forum Informationsfreiheit: "Scheinreform"

Kritik kommt auch vom Forum Informationsfreiheit (FOI). Für dieses handle es sich "fast ausschließlich um eine Scheinreform im eigenen Interesse". SPÖ und FPÖ hätten hauptsächlich jene Punkte geregelt, die ihren eigenen Geldquellen nicht weh tun, aber ÖVP oder Neos und auch kleinen Parteien außerhalb des Parlaments wie gerade den Grünen schaden könnten. Das größte Problem ortet das Forum darin, dass es keine unabhängige Kontrolle gebe und sich die Regelungen ganz leicht und legal umgehen ließen. Die im "Ibiza-Video" gewälzten Pläne wären damit weiterhin problemlos möglich. (APA, 1.7.2019)