Wien – Mit ihrer Hals-über-Kopf-Einigung am Wochenende für eine Neuordnung der Parteienfinanzierung setzen SPÖ, FPÖ und die Liste Pilz zwar den bisher mit Großspenden überhäuften Parteien im anlaufenden Wahlkampf zu – ihrem eigenen fragwürdigen Umgang mit Finanzspritzen haben sie gemäß Entwurf, der am Mittwoch im Parlament abgesegnet werden soll, jedoch keinen legistischen Riegel vorgeschoben. Ein Überblick zu dem neuen Gesetzesdickicht, das erst recht wieder für Intransparenz sorgt.

In Sachen Transparenz bringt die von SPÖ, FPÖ und Liste Jetzt erarbeitete Reform nur teilweise Verbesserungen.
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  • Herbe Verluste für ÖVP und Neos
    Zieht man exemplarisch die im Nationalratswahlkampf 2017 lukrierten Spenden heran, hätte die ÖVP von Sebastian Kurz auf fast 3,7 Millionen Euro von Ortner, Pierer und Co verzichten müssen, die Neos, die vor allem vom Großindustriellen Hans Peter Haselsteiner unterstützt wurden, auf 550.000 Euro, wie die APA errechnet hat. Der von Rot, Blau und Jetzt vorgesehene Antrag sieht nämlich eine doppelte Obergrenze für Parteizuwendungen vor: Kein Spender darf mehr als 7500 Euro im Jahr geben und keine Partei mehr als 750.000 Euro einnehmen.

    Insgesamt hat die ÖVP damals über Bund, Länder, Gemeinden und Bünde 4,4 Millionen Euro eingesammelt und von 58 Spendern mehr als 7500 Euro erhalten. Die Neos haben vor zwei Jahren 1,06 Millionen Euro erhalten und von zwanzig Spendern mehr als 7500 Euro bekommen.

    Die gesamten Spendeneinnahmen von SPÖ und FPÖ hingegen liegen bis dato nicht vor. Nur so viel: Bei den Sozialdemokraten lagen zumindest fünf Spenden über 7500 Euro – darunter etwa eine von Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer und eine von Ex-Siemens-Vorstand Brigitte Ederer. Die Freiheitlichen haben für 2017 noch gar keine Zahlen veröffentlicht. Und die Liste Pilz wurde einst von Anwalt Alfred Noll, mittlerweile Mandatar, mit 98.000 Euro gesponsert – was nun verboten wäre.

  • Ibiza-Revival jederzeit möglich
    Die von Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache gegenüber der Fake-Oligarchin angesprochenen Umgehungsmöglichkeiten via Vereine bleiben weiterhin aufrecht: Wenn in deren Statuten keine Parteinähe verankert ist, können Großspenden an Vereine etwa für Wahlkampfveranstaltungen, Broschüren oder Social-Media-Kampagnen verwendet werden, obwohl sie einer Partei dienen, erklärt Politologe Hubert Sickinger. Wenn diese Art von Zuwendungen also nicht in den Büchern der Parteien aus gewiesen werden, bleiben sie von Wirtschaftsprüfern und dem Rechnungshof unentdeckt. Sickingers Fazit: "Auf die Ibiza-Geschichte gibt die Novelle keine Antwort."

  • Kulanz bei roten Organisationen, neue Strenge bei den ÖVP-Bünden:
    "Nichtterritoriale" Gliederungen der Parteien wie der ÖAAB müssen nun ihre Einnahmen und Ausgaben offenlegen, doch SPÖ-nahe Vorfeldorganisationen wie die Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter oder der rote Pensionistenverband bleiben von den neuen Transparenzregeln verschont – weil komplizierte Vereinskonstruktionen geschaffen wurden, die formal nicht der Partei zugerechnet werden können. Heißt: Wenn sich diese Vorfeldorganisationen im Wahlkampf finanziell oder ideell für die SPÖ starkmachen, fällt dies nicht unter auszuweisende Wahlkampfkosten.
Jörg Leichtfried und Norbert Hofer im Parlament.
APA/HANS PUNZ
  • Spendenbremse auch für Neulinge
    Der Einzug von neuen Parteien in den Nationalrat wird erschwert – denn sie dürfen als Anschubfinanzierung maximal 37.500 Euro von einem Spender lukrieren – "und damit wäre heute der Einzug eines Team Stronach, aber auch der Neos und der Liste Pilz nahezu unmöglich", erklärt Sickinger. Und für die Grünen hinderlich: Sie dürften gar keine 37.500 Euro entgegennehmen, weil sie bereits im Nationalrat vertreten waren.

  • Rechnungshof
    Die Prüfmöglichkeiten des Rechnungshofs bleiben eingeschränkt. In der Praxis läuft das in etwa so: Bezweifelt er die Richtigkeit von Angaben, kann er einer Partei Fragen stellen, ist dann aber auf ehrliche Antworten angewiesen. Selbst kontrollieren und in die Bücher Einschau nehmen kann er nicht.

  • Monitoring
    Neu geschaffen wird ein Gremium, das Wahlwerbungsausgaben kontrollieren soll. Drei Experten aus den Bereichen Kampagnen, Medien und Wirtschaftsprüfung sollen die Plausibilität der Parteiangaben in Gutachten beurteilen. Diese Gutachten werden sechs Monate nach der Wahl online gestellt. Welche Folgen damit verbunden sind, wenn Angaben der Parteien bezweifelt werden, ist aber unklar. Sanktionen sind jedenfalls im Entwurf nicht vorgesehen.

  • Frauen
    Niemandem wehgetan wird bei der Klubförderung. Statt einer Kürzung der Klubförderung bei einem Frauenanteil unter 40 Prozent gibt es nun einen Bonus für jene, die darüber liegen. Sanktionen hätte vor allem die FPÖ, die traditionell den niedrigsten Frauenanteil hat, zu befürchten gehabt. Die wurden aber von Rot-Blau abgewendet. (Günther Oswald, Nina Weißensteiner, 2.7.2019)