Einige Autohersteller wie Toyota setzen schon lange auf Wasserstoff.

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Wasserstoff ist derzeit Thema Nummer eins, wenn es darum geht, eine Alternative zu finden, um die CO2-Bilanz von Autos und Industrie zu verbessern. Beim G20-Gipfel kam am vergangenen Wochenende der Wasserstoffrat im japanischen Städtchen Karuizawa zusammen und befand: Die Zeit ist reif, der Boom für Wasserstoff wird halten.

Auch die ÖVP setzt jetzt auf dieses Pferd. Österreich soll laut Ex-Kanzler Sebastian Kurz gar zur "Wasserstoffnation Nummer eins" werden. Unternehmen, die an dieser Technologie forschen, sollen mit zusätzlich 500 Millionen Euro in den kommenden zehn Jahren gefördert werden. Wenige Minuten später verkündeten die Energiekonzerne Verbund und OMV, dass sie ihre strategische Energiekooperation intensivieren wollen und im Zuge dessen den Bau einer elektrolytischen Wasserstoffproduktion prüfen.

Was also steckt hinter dem Boom? Es ist verlockend zu glauben, dass mit Wasserstoff das Energiekonzept der Zukunft gefunden ist. Doch so leicht ist diese Rechnung nicht. Fangen wir bei der Herstellung an. Hier heißt es bereits: Es kommt darauf an.

Eine Frage der Energie

Wasserstoff lässt sich recht einfach herstellen. Es wird – sehr vereinfacht ausgedrückt – Spannung aufs Wasser gelegt, wodurch sich Wasserstoff und Sauerstoff trennen. Wie nachhaltig der gewonnene Wasserstoff ist, hängt davon ab, ob bei der Herstellung regenerative oder fossile und damit wieder CO2-erzeugende Energie eingesetzt wird. In den USA wird für die Herstellung von Wasserstoff fast ausschließlich Erdgas verwendet, das via Fracking gewonnen wird. Laut dem Verband für Erneuerbare Energie Österreich kommen derzeit 99 Prozent des weltweit hergestellten Wasserstoffs aus fossilen Energieträgern. Damit ist Wasserstoff ein verdeckter Klimakiller. Für die Erzeugung von Wasserstoff aus Ökostrom gibt es erst wenige Anlagen, heißt es auf der deutschen Plattform Emobly.

Effizienz umstritten

Umstritten ist auch die Effizienz von Wasserstoff, denn aus einer Kilowattstunde Strom entstehen lediglich 0,7 Kilowattstunden Wasserstoff. Noch geht auch beim Transport des Wasserstoffs Energie verloren. "Nur 25 Prozent der ursprünglichen Energie führen in einem Brennstoffzellenfahrzeug zu Fortbewegung, der Rest geht verloren. Bei batteriebetriebenen Elektroautos liegt der Wert etwa bei 70 Prozent", sagte Florian Hacker vom deutschen Öko-Institut dem "Spiegel".

Autos, die mit Wasserstoff angetrieben werden, tanken diesen. In der Brennstoffzelle des Autos verbindet sich der Wasserstoff wieder mit Sauerstoff, der aus der Luft angesaugt wird – daraus entsteht Strom, der einen Elektromotor antreibt und die Elektronik im Auto speist. Freigesetzt werden nur Wärme und Wasserdampf. Wasserstoff ist chemisch gesehen aber das leichteste Element und verflüchtigt sich. Damit sich der Treibstoff also nicht verflüchtigt, braucht es spezielle Tanks. Derzeit sind das kohlenstofffaserverstärkte Kunststoffe.

Hürden sind hoch

Die Hürden für die Verbreitung von Wasserstoff sind nach wie vor hoch. Ein Auto mit entsprechender Brennstoffzelle ist in Österreich für rund 60.000 Euro zu haben. Im Vergleich dazu: E-Autos gibt es bereits ab 15.000 Euro. Dafür ist beim Wasserstoffantrieb die Betankung sehr schnell (die Aufladung eines E-Autos kann bis zu 45 Minuten dauern) und die Kilometerleistung liegt mit 500 km pro Tank besser als bei E-Autos, die im Schnitt 300 km weit fahren. Für Pkws ergibt Wasserstoff laut Florian Maringer, Chef des Verbands für Erneuerbare Energie Österreich, aber wenig Sinn. "In der Industrie sieht das anders aus", sagt Maringer. Im Bereich der Stahlerzeugung etwa wäre es sinnvoll, die CO2-generierende Kohle, die gebraucht wird, um den chemischen Prozess der Stahlgewinnung in Gang zu setzen, gegen CO2-neutralen Wasserstoff zu tauschen.

Die Wasserstoffproduktion wie etwa die Brennstoffzellenherstellung ist noch immer teuer, die Infrastruktur erst in Ansätzen vorhanden. Zur Einordnung: In Österreich gibt es aktuell fünf Tankstellen, an denen Wasserstoff getankt werden kann. Per Ende Mai waren laut Statistik Austria 32 Wasserstoffautos zugelassen (in Deutschland per 1. Jänner 392). Der Weg zur Wasserstoffnation ist also noch weit. (Bettina Pfluger, 2.7.2019)