Analoge Bücher sind schwer und in mancherlei Hinsicht umständlich, dafür aber DRM-frei.

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Digitale Stores haben ein Problem: Alles, was wir dort kaufen, gehört eigentlich gar nicht uns, es sei denn, es wird ohne Kopierschutzmechanismus zum Download angeboten – oder der Kopierschutzmechanismus ermöglicht nach einmaliger Freischaltung dauerhafte Offline-Verwendung. Bei vielen Plattformen ist das allerdings nicht der Fall. Heißt: User erwerben eine Nutzungslizenz an den jeweiligen digitalen Produkten. Heißt auch: Wenn diese Lizenz aus irgendeinem Grund ungültig wird, ist auch der Zugriff auf die eigenen Käufe nicht mehr möglich.

Ein Szenario, das Kunden von Microsofts E-Book-Store in Bälde erleben werden. "Microsoft hat einen E-Book-Store?", mag man sich nun fragen. Ja, tatsächlich hat der Redmonder Konzern sein Sortiment vor zwei Jahren um digitale Bücher erweitert. Allerdings mit eher überschaubarem Erfolg. Nun schließt man diese Abteilung des Windows Stores wieder – und alle Kunden verlieren Zugriff auf ihre dort getätigten Käufe. "Wired" spricht gar von einer "E-Book-Apokalypse".

Refundierung als schwacher Trost

Im April hat das Unternehmen die Schließung angekündigt, und noch diese Woche sollen die erworbenen Werke aus den Sammlungen der User verschwinden. Aufgrund der Rechtesituation hat Microsoft selbst hier nicht die Möglichkeit, die Werke DRM-frei zur Verfügung zu stellen, zumindest nicht, wenn der entsprechende DRM-Server nicht weiterbetrieben wird. Allerdings wird man den Käufern ihr investiertes Geld in voller Höhe zurückzahlen und außerdem weitere 25 Dollar an Store-Guthaben drauflegen, wenn man die E-Books mit Markierungen und Notizen versehen hat.

Für einige User dürfte dies ein eher schwacher Trost sein. Sie müssen nun schauen, wo sie die erworbenen Büchern auf anderen Plattformen bekommen. Scharfe Kritik kommt von der Free Software Foundation (FSF). Ein solches Vorgehen sei eine Missachtung der Freiheit des Einzelnen. Wenn eine Transaktion einmal abgeschlossen sei, könne man dem Gegenüber nicht einfach in die Tasche greifen und sie zurücknehmen, auch wenn man das Geld refundiere.

"Grundsätzlich kaputt"

Die Angelegenheit zeigt auf, dass DRM-Systeme, die ursprünglich einfach nur dem Kopierschutz dienen sollten, heute oft dafür genutzt werden, Kunden an das Ökosystem einzelner Anbieter zu binden. Für Konsumenten ist das verwirrend und ärgerlich. Viele gehen davon aus, dass sie mit dem Klick auf den "Jetzt kaufen"-Button zum Eigentümer digitaler Güter werden und mit diesen gleich verfahren können wie mit physisch greifbaren Waren. Aufgrund von Szenarien wie diesem hält die FSF DRM-Systeme für "grundsätzlich kaputt".

Microsofts E-Book-Store ist auch nicht der erste Fall, bei dem gekaufte Inhalte nachträglich zurückgezogen wurden. Ausgesprochen ironisch war etwa ein Copyright-Disput rund um eine Ausgabe von George Orwells Dystopie-Klassiker "1984", der 2009 dazu führte, dass Amazon das Buch von den Kindle-E-Readern seiner Kunden entfernte.

"Wired" weist darauf hin, dass die Schließung der Buchabteilung im Windows Store noch einen der günstigeren Verläufe darstellt. Wesentlich ärgerlicher wird es, wenn ein Anbieter in die Pleite schlittert und seine Kunden dann womöglich den Zugriff auf gekaufte Inhalte verlieren, ohne ihr Geld zurückzubekommen. (red, 3.7.2019)