Im Abstand von einem Vierteljahrhundert sorgte dieser kleine Zahn zweimal für Beschwerden.
Foto: Florida Museum, Kristen Grace

Vergangenen Sommer entdeckte der US-Sportjournalist Jeff Weakley an seinem Fuß eine seltsame Beule, die er schließlich mit einer Pinzette öffnete, um den darin vermuteten Fremdkörper zu entfernen. Er fand ihn auch – hätte jedoch nicht damit gerechnet, was er dann vor sich sah: Es war ein spitzer Zahn.

Denn Weakley war nur einmal in eine Situation geraten, in der theoretisch ein Zahn in seinen Körper gelangen konnte: Beim Surfen in Flagler Beach, Florida, wurde er einst am Fuß leicht verletzt – vermutlich von einem Hai. Sehen konnte er den Angreifer nicht. Das hatte sich allerdings schon 1994 zugetragen. Der abgebrochene Zahn muss damals in die Wunde geraten und im Krankenhaus unbemerkt geblieben sein, bis er gut 24 Jahre später wieder für Beschwerden sorgte.

Mehr denn je trieb Weakley nach der "Bergung" des Zahns die Frage um, was ihn da seinerzeit attackiert hatte. Als er erfuhr, dass Forscher des Florida Program for Shark Research einem anderen Opfer einen Haizahn aus dem Bein gezogen hatten und durch DNA-Tests die Spezies des Hais bestimmen konnten, schickte er sein Erinnerungsstück an das Institut.

Forscher verblüfft

Dort war man anschließend aus dem Häuschen. Nicht, weil es sich um eine ungewöhnliche Spezies gehandelt hätte – es war ein Kleiner Schwarzspitzenhai (Carcharhinus limbatus), wie sie in der Region häufig vorkommen. Immer wieder kommt es auch zu Begegnungen mit Menschen, allerdings greifen die im Schnitt zwei Meter langen Tiere nur selten an. Und wenn sie es tun, hinterlassen sie nur kleine Wunden, wie es auch bei Weakley der Fall war.

Schwarzspitzenhaie gelten als nicht übermäßig gefährlich für Menschen.
Foto: APA/AFP/MARTIN BUREAU

Was die Forscher verblüffte, war der Umstand, dass sie die Spezies überhaupt bestimmen konnten. Nach einem Vierteljahrhundert in Weakleys Fuß hätte die DNA des Täters restlos mit der des Opfers kontaminiert sein sollen, sagt der Leiter des Forschungsprogramms, Gavin Naylor. Die Untersuchungsergebnisse des ungewöhnlichen Falls wurden im Fachmagazin "Wilderness & Environmental Medicine" veröffentlicht.

Dass selbst unter solchen Umständen noch eine Identifizierung möglich ist, gibt den Forschern Auftrieb: Ein effektives Wildtiermanagement für ein möglichst gefahrloses Nebeneinander von Mensch und Tier braucht nämlich ein gutes Datenfundament. Die Datensammlung ist aber notorisch lückenhaft, etwa 70 Prozent aller Haibisse können keiner genauen Spezies zugeordnet werden.

Seit 24 Jahren hat Jeff Weakley (hier im Alter von 21) seine ganz persönliche Hai-Story zu erzählen. Und er muss sie jetzt nicht nachträglich auf Makrele herunterstufen.
Foto: Jeff Weakley

Weakley indes zeigte sich vom Ergebnis erleichtert. Er hatte zunächst Bedenken, den Zahn identifizieren zu lassen, weil theoretisch auch die Möglichkeit bestand, dass er von einer Makrele oder einem Hornhecht stammen könnte – also von "etwas richtig Demütigendem", wie Weakley befürchtete. (jdo, 3.7.2019)