Lena Dunham ("Girls") beschrieb ihre Erfahrungen mit Endometriose.

Foto: APA/AFP/ANGELA WEISS

"Über die Entscheidung, mit 31 Jahren eine Hysterektomie durchführen zu lassen": So lautet der Titel des Artikels, der im Februar 2018 in der US-amerikanischen "Vogue" erschienen ist. Die Autorin Lena Dunham ist keine Unbekannte: Die Schauspielerin und Drehbuchautorin der Serie "Girls" spricht über fast alles. In besagtem Artikel führt sie persönlich aus, weshalb sie sich nach Jahren voller Schmerzen aufgrund der Diagnose Endometriose für eine Entfernung der Gebärmutter entschieden hat. Wenige Monate später, im Oktober desselben Jahres, ließ sich Dunham wegen anhaltender Schmerzen den linken Eierstock entfernen.

Zwischen 120.000 und 300.000 Frauen in Österreich sind laut Medizin-Uni Wien von Endometriose betroffen, die Dunkelziffer ist hoch – vielfach mit der Konsequenz, unfruchtbar zu werden. Wird die Erkrankung frühzeitig erkannt, kann sie gut behandelt und die Fertilität erhalten werden. Bis es aufgrund der unspezifischen Symptome aber zu einer Diagnose kommt, dauert es.

Starke Schmerzen

Endometriose ist eine chronische Erkrankung bei Frauen, bei der sich Gebärmutterschleimhaut (Endometrium), die normalerweise nur in der Gebärmutterhöhle vorkommt, auch außerhalb im Bauchraum bildet, sich zyklisch verändert und zu lokalen Entzündungs-ähnlichen Veränderungen führt.

Als mögliche Symptome nennt Gernot Hudelist, Gynäkologe und Leiter des Endometriosezentrums des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder Wien "die Lebensqualität beeinträchtigende Regelbeschwerden und bzw. oder den unerfüllten Kinderwunsch nachdem man etwa 12 Monate versucht hat, schwanger zu werden". Endometriose muss jedoch nicht bedeuten, dass man keine Kinder bekommen kann. Auch Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, zyklische Beschwerden beim Stuhlgang oder Harnlassen können bei Endometriose auftreten.

Ärgerlicher Ärztemarathon

Susanne leidet schon lange an Endometriose. Auch sie hat sich wie Dunham in letzter Instanz zu einer Entfernung ihrer Gebärmutter entschieden. Im Alter von 14 Jahren klagte die heute 39-Jährige zum ersten Mal über die schlimmen Schmerzen. Ihre Mutter habe ihre Beschwerden lange als Regelbeschwerden abgetan, erzählt sie. Als sie drei Jahre später mit ihrem Gynäkologen über die Torturen sprach, habe er ihr geraten, ein Kind zu bekommen, dann würden sich die Schmerzen bessern. "Das hat mit 17 nicht in meine Lebensplanung gepasst", erzählt Susanne. "Ich habe später in meinen Zwanzigern Kinder bekommen. Nach jeder Geburt wurden die Schmerzen aber schlimmer."

Als Susanne 29 Jahre alt war, ist sie schließlich vor Schmerzen in ihrem Vorzimmer zusammengebrochen. Ihr Mann brachte sie ins Krankenhaus. Eine Bauchspiegelung ergab erstmals den Verdacht auf Endometriose. "Ich bin von 14 bis 30 in der Luft gehangen, von Arzt zu Arzt gelaufen und habe keine Lösung gefunden", erzählt sie. Ein Jahr später wurde Gewebe entnommen und die finale Diagnose gestellt. Danach versuchte sie es mit einer Schmerz- und Hormontherapie. Doch die Leber wollte nicht mitspielen: "Ich hatte plötzlich Leberwerte wie eine Trinkerin. Es ging mir richtig dreckig."

Kein Kinderwunsch

Mit 31 fragte sie schließlich ihr Arzt, ob sie noch weitere Kinder wolle. Nachdem sie bereits eine Operation hatte, bei der ihr eine zehn Zentimeter große Endometriose-Zyste entfernt wurde, die sich um den Eierstock gelegt hatte. "Mein Kinderwunsch war abgeschlossen", sagt die Mutter. Susanne wurde erstmals die Möglichkeit einer Gebärmutterentfernung nahegelegt. "Es war trotzdem nicht leicht", erinnert sie sich. Seither geht es ihr "viel besser, aber nicht gut", sie leide weiterhin an Schmerzen, doch es sei kein Vergleich zu früher. Ihre Eierstöcke behielt Susanne im Gegensatz zu Dunham. Auch sieben Jahre nach der Hysterektomie. Die Ärzte wollten bei der damals 30-Jährigen nicht viel zu früh den Wechsel einleiten.

Dauer der Diagnose

"Ich habe wirklich viel mitgemacht", sagt Susanne. Sie habe die abstrusesten Ratschläge von Ärzten bekommen. Eine Gynäkologin etwa führte die starken Unterleibsschmerzen auf einen ungeklärten Konflikt zwischen Susanne und ihrer Mutter zurück. "Sie sagte, ich soll einen Psychiater aufsuchen". Und auch jetzt finde Susanne, die im Burgenland lebt, "selten Ärzte, die mit meiner Diagnose etwas anfangen können".

In Deutschland, Österreich und der Schweiz dauert es im Durchschnitt fast elf Jahre bis die Krankheit diagnostiziert wird, erklärt Hudelist. Das liege daran, dass viele Patientinnen, die in der Pubertät starke Regelschmerzen haben beginnen die Pille zu nehmen. Das sei prinzipiell auch nicht falsch, da neben der gewünschten Empfängnisverhütung auch eine Linderung der Regelbeschwerden auftreten kann. Zusätzlich habe nicht jede Patientin mit Regelschmerzen zwingend Endometriose. Das Absetzen der Pille bei Kinderwunsch gepaart mit dem abermaligen Auftreten starker zyklischer Unterbauchschmerzen kann jedoch auf Endometriose hinweisen.

Hinzu komme, dass die "Awareness" sowohl bei Patientinnen als auch bei Ärzten noch nicht ausreichend vorhanden sei. "Die Patientinnen normalisieren die Symptome", sagt Hudelist. Zudem seien viele Ärzte nicht genug sensibilisiert. "Die Krankheit betrifft nicht nur die Gynäkologie. Es können auch andere Organe betroffen sein, wie die Harnblase oder der Darmtrakt", sagt Hudelist. Hier sei interdisziplinäre Zusammenarbeit notwendig.

Diagnose durch Gewebeprobe

Bei Stefanie ging alles viel schneller. Mit etwa 25 Jahren habe sie plötzlich so starke Regelschmerzen bekommen, dass sie trotz Schmerzmitteln nicht mehr aus dem Bett gekommen ist, erzählt sie. Ihre Frauenärztin erstellte schnell die Diagnose. Bei der Ultraschalluntersuchung wurde der Verdacht auf einen Endometriose-Herd gefunden. "Ich bin eigentlich selbst am Thema Frauengesundheit sehr interessiert", erzählt die 32-Jährige: "Habe aber vorher noch nie etwas von der Krankheit gehört."

In der Praxis von Hudelist holte sie sich eine zweite Meinung ein, die den Verdacht erhärtete. "Es gibt typische Erscheinungsbilder beim Ultraschall, aber eine endgültige Diagnose kann man erst mit einer Gewebeprobe stellen", sagt der Gynäkologe.

Stefanie ließ eine Laparoskopie durchführen und erhielt wenig später die Diagnose. Nun hatte sie eine Antwort und war erleichtert, "zu wissen, dass es nicht normal ist, solche Schmerzen zu haben", sagt sie.

Hilfe durch Hormonspirale

Stefanies Endometriose-Herd konnte nicht entfernt werden. Er liegt am Darm, und es wäre zu gefährlich gewesen, meinten die Ärzte. Die Hormonspirale hilft ihr aber gegen die Schmerzen, sie gibt die Hormone direkt und vor Ort ab. Trotzdem klagt sie weiterhin über Schmerzen. Allerdings seien diese viel besser geworden. "Anstrengend ist, dass man schwer in der Arbeit sagen kann, man hat so schlimme Regelschmerzen, dass man daheim bleibt. Und kaum jemand kann was mit dem Begriff Endometriose anfangen", sagt die junge Frau.

"Die beste Behandlung ist die für die Patientin in ihrer individuellen Situation passendste" sagt Hudelist. Es gebe Fälle, wo gar nichts getan werden müsse, die Krankheit lediglich beobachtet wird, da sie mit keinen Schmerzen verbunden ist. Drei Viertel der Patientinnen können konservativ mit Medikamenten behandelt werden. Bei jenen, die Hormone oder Schmerzmittel nicht vertragen bzw. störende Nebenwirkungen auftreten überlege man eine Operation. "Das ist immer ein Grenzgang." So müsse man abwiegen zwischen dem Erhalt bzw. Optimierung der Fertilität von Frauen und der operativen Entfernung von Endometriose ohne die betroffenen Organe zu verletzten.

Es gebe aber auch Fälle von Endometriose, die die Eierstöcke betrifft und vor allem in der Postmenopause (Zeit nach dem Wechsel) das Risiko für Eierstockkrebs erhöhen kann. Bei diesen Patientinnen wird die Indikation zur operativen Entfernung großzügig gestellt.

Wenig Wissen

"Ich habe das Gefühl, dass kaum jemand die Krankheit kennt. Ich selbst rede auch kaumdarüber", sagt Stefanie. "Ich schäme mich nicht dafür, damit hat das nichts zu tun. Aber es gibt keinen Anlass, darüber zu sprechen. Es ist keine Schockdiagnose, die Redebedarf schafft. Dabei wäre es eigentlich gut, wenn mehrere davon wüssten", sagt sie. Trotzdem habe Stefanie "ein Ort gefehlt, wo man sich erkundigen kann".

Um das Bewusstsein in Sachen Endometriose und Infertilität zu schärfen, haben die Frauenkliniken der medizinischen Universitäten Österreichs im März die Gruppe "BEI" (Bewusstsein für Endometriose und Infertilität) gegründet. (Oona Kroisleitner, 4.7.2019)