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PRO: Die Politiker binden

von Eric Frey

Aus praktischer Sicht erfüllt eine Schuldenbremse kaum einen Zweck – egal ob sie, wie derzeit in Österreich, in einem einfachen Gesetz steht oder in der Verfassung, was ÖVP, FPÖ und Neos nun anstreben. Schließlich wird mit der Begrenzung des strukturellen Defizits bloß der Fiskalpakt der Eurozone bekräftigt, an den sich der Staat ohnehin halten muss. Und sollten einmal höhere Schulden notwendig werden, bietet die Schuldenbremse ausreichend Schlupflöcher. Es handelt sich bei ihr vor allem um eine symbolische Geste.

Doch auch ein Symbol kann einen Zweck erfüllen, vor allem, wenn es in der Verfassung verankert ist. Die Schuldenbremse stärkt den Grundsatz eines über den Konjunkturzyklus ausgeglichenen Haushalts – dass also der Staat in guten Zeiten keine Schulden machen soll, damit er in schlechten Zeiten mehr Spielraum hat. Das soll die Parteien und Politiker binden, die leicht der Versuchung erliegen, auch bei einer gesunden Konjunktur mehr auszugeben, als sie einnehmen. Irgendwo gibt es immer Bedarf für Sozialprogramme und Investitionen, und dies mit Steuern zu finanzieren ist nie populär.

Wohin das führt, sieht man in Italien, dessen Schuldenberg die Wirtschaft fast erdrückt. In Zeiten, in denen mit Hinweis auf niedrige Zinsen und fragwürdige neue Wirtschaftstheorien gern nach unlimitierten Mehrausgaben gerufen wird, ist die Schuldenbremse das richtige Signal. (Eric Frey, 3.7.2019)

KONTRA: Zwangsjacke aufknüpfen

von Leopold Stefan

Einer Schuldenbremse wird es nicht gelingen, die Politik zu Nachhaltigem zu motivieren.

Der Blick nach Deutschland zeigt, wie deplatziert die Schuldenbremse ist. Berlin hat pralle Kassen dank sprudelnder Steuereinnahmen und historisch niedriger Zinsen. Und trotzdem fehlt das Geld für Schulen, bröckelt so manche Straße, von den Mängeln der digitalen Infrastruktur ganz zu schweigen. Gleichzeitig belastet die demografische Alterung das Potenzial der Wirtschaft. Der Investitionsbedarf ist stark gestiegen, das Geld wird dem Staat derzeit dank negativer Zinsen nachgeworfen.

Für Österreich ist der Blick nach Norden einer in die Zukunft: Der Bedarf an Investitionen in Bildung und eine moderne Infrastruktur ist frappant, wenn man sich nur vor Augen führt, dass bis 2050 für einen Pensionisten weniger als 1,5 Erwerbstätige aufkommen sollen. Dazu braucht man die beste Qualifikation und eine effiziente Infrastruktur.

Eine Schuldenbremse könnte der Politik nun als Ausrede dienen, lieber ihre Klientel von heute mit weniger zu bedienen, als mehr für zukünftige Generationen auszugeben, die ihre Dankbarkeit bestenfalls dem politischen Nachnachfolger zollen. Besser wäre eine großzügige Ausgabenregel, die über den Konjunkturzyklus ausgleicht und noch dazu verbietet, Transferleistungen auf Pump zu tätigen.

Eine rigide Schuldenbremse hingegen ist wie eine Zwangsjacke: nicht mehr zeitgemäß. (Leopold Stefan, 3.7.2019)