Lehrerstellen sind begehrt. Und in manchen Fällen schon vor der Ausschreibung besetzt.

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Wien – Was in der Steiermark passierte, war eine Panne mit Folgen: Schon in der Stellenausschreibung für Lehrerposten rutschten die Namen von Wunschkandidaten in die Anzeige. Daraus resultierten ein Shitstorm, Entschuldigungen und eine Prüfung durch das Bildungsministerium – denn schon vor der Ausschreibung eine Person für den Job auszuwählen ist gegen das Gesetz.

Doch die Panne ist nur Ausdruck eines Systemproblems. Denn für manche ausgeschriebene Lehrerstelle hat die Schulleitung ohnehin schon eine Person ausgewählt – noch bevor alle Kandidaten sich für den Posten bewerben können.

Zwischen den Zeilen

Das zeigt sich vor allem zwischen den Zeilen von Ausschreibungen, die von allen Bundesschulen auf Online-Plattformen veröffentlicht werden müssen.

Ebenfalls in der Steiermark wurde etwa für ein Gymnasium ein "ortsansässiger männlicher Kollege" als Biologie- und Geografie-Lehrer gesucht. Die Panne wurde entdeckt, noch bevor das Bewerbungsfenster sich schloss. "So etwas darf nicht passieren, geschlechtliche Präferenzen haben da nichts zu suchen", heißt es aus der Bildungsdirektion Steiermark.

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Es habe bereits ein Gespräch dazu gegeben, bei der Direktorentagung im Spätherbst wird das Thema erneut aufgegriffen werden, sagt der Sprecher der Bildungsdirektion. Bei jenen, die als Wunschkandidaten veröffentlicht wurden, habe man sich entschuldigt, die Namen entfernt.

Die Schulleitung der betroffenen Schule argumentiert gegenüber dem STANDARD: Der Lehrkörper sei weiblich dominiert, gerade in Biologie, wo das "heiß debattierte Thema Sexualunterricht" hineinfalle, wolle man also lieber einen männlichen Kollegen. Außerdem "versinke" die Region im Verkehr, weswegen man, wenn möglich, keine Pendler beschäftigen wolle.

Brandschutz und Skikurs

Auch in Wien waren heuer die Ausschreibungen für manche Lehrerstellen recht spezifisch, mittlerweile ist das Bewerbungsfenster geschlossen.

So suchte etwa ein Gymnasium in Wien eine Mathematik-Lehrkraft mit Brandschutzausbildung und Skikursberechtigung. Doch dafür gebe es, so der Direktor, eine Erklärung: Ja, man habe eine spezielle Kandidatin im Auge gehabt, als man die Ausschreibung formulierte – immerhin seien seit September Bewerbungen hereingekommen.

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Doch erstens hätte die sich im Endeffekt dann gar nicht nicht offiziell über das Bewerbungstool beworben, und zweitens hätte man auch jemand anderen eingestellt, wenn er oder sie besser qualifiziert gewesen wäre. Außerdem sei die Skikursberechtigung relevant, weil alle Mathelehrer an der Schule auch Klassenvorstände werden würden und diese auf Skikurs mitfahren.

"Kein Kandidat bekommt die Auskunft: 'Rechnen Sie mit uns', keine Stelle wird schon im Vorhinein besetzt", betont der Direktor. Ob Gespräche schon vor oder nach der offiziellen Ausschreibung geführt würden, habe keinerlei Einfluss darauf, wer eingestellt wird.

Bildungsdirektion als Puffer

Wie eine Stelle am Ende besetzt wird, liegt einerseits an der Schulleitung, andererseits an der Bildungsdirektion des Bundeslandes. Nach der Ausschreibung, die der Schulleiter formuliert, reiht er seine präferierten Kandidaten. Die Bildungsdirektion prüft dann, ob Posten und Person zusammenpassen, und weist die Person dem Posten zu.

Ob schon vor der Ausschreibung jemand ausgewählt wir, "entzieht sich meiner Kenntnis", sagt der Abteilungsleiter der Bildungsdirektion Wien, Alexander Szinovatz. Dass man einander vorher kennenlernt und Kontakt knüpft, sei aber ein normaler Vorgang.

Voraussetzung: Den Job schon drei Jahre machen

Ein weiterer Screenshot wurde dem STANDARD zugeschickt. In der Anzeige stand unter dem Punkt "Zusatzqualifikation", die Person solle bitte schon seit drei Jahren in der Tagesbetreuung des Schulbetriebs arbeiten. Auf Nachfrage bei der Direktion folgt Verwirrung: Das sollte da nicht stehen, ist vielleicht in ein falsches Feld gerutscht oder gar der Screenshot nicht echt.

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Dennoch gab es für die ausgeschriebene Stelle als Leher/in für Englisch und in der Tagesbetreuung schon einen Wunschkandidaten, räumt die Direktion ein. Die Person nämlich, die den Job seit drei Jahren macht. Gleichzeitig betont auch dieser Schulleiter: Wenn sich jemand besser Qualifizierter beworben hätte, wäre er oder sie infrage gekommen.

Weil der Dienstvertrag des Wunschkandidaten befristet ist, müsste dieser sich jedes Jahr von Neuem bewerben. Man hoffe, dass die Person erneut für den Posten zugeteilt werde. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, niemand sonst habe sich beworben.

Ausschreibung für eine Person ist gegen das Gesetz

Das Bildungsministerium allerdings kündigt rechtliche Prüfung an. Denn eine Stelle schon vor der Ausschreibung zu besetzen sei gegen das Gesetz. Und: "Es ist nicht gesetzmäßig, dass eine Ausschreibung nur auf eine Person zugeschnitten ist", sagt eine Minsteriumssprecherin. Fälle, in denen das so war, sollen geprüft werden; man habe bereits ein Revisionsteam mit der Angelegenheit betraut und Juristen eingeschalten. (Gabriele Scherndl, 8.7.2019)