Michael Tojner hat stets erklärt, dass alle Behauptungen des Burgenlands "von falschen Prämissen" ausgingen.

Foto: Regine Hendrich

Wien – Schlag auf Schlag geht es in der Causa Michael Tojner weiter. Vorige Woche hat die Wirtschaft- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) 50 Hausdurchsuchungen veranlasst in dem Strafverfahren, das durch eine Betrugsanzeige des Landes Burgenland ausgelöst wurde. Nun hat das Straflandesgericht Wien jede Menge Immobilien des Unternehmers beschlagnahmen lassen. Die Liegenschaften bleiben so lange eingefroren, bis ein Betrag von 140 Millionen Euro erlegt ist. Tojner beziehungsweise die Verantwortlichen der Gesellschaften, in deren Eigentum die Immobilien stehen, dürfen die Liegenschaften also weder veräußern noch belasten oder verpfänden – das erschließt sich aus dem 47-seitigen Beschluss des Straflandesgerichts, der dem STANDARD vorliegt und von dem der "Kurier" berichtet hat.

37 Grundstücke sowie fast 30 Wohnungen wurden beschlagnahmt, der Radius reicht von Wien über Krems an der Donau, Linz, Graz und Voitsberg bis hin nach Schwaz in Tirol. Den Antrag auf Beschlagnahme hat die ermittelnde WKStA am 14. Mai gestellt, bezweckt wird laut Beschluss die Sicherung allfälliger privatrechtlicher Ansprüche oder auch allfälliger gerichtlicher Entscheidungen, etwa auf Verfall von Vermögen oder Geldstrafen, die sich aus einem Finanzstrafverfahren ergeben könnten.

Tatverdacht erhärtet

Zur Erinnerung: Das Burgenland wirft Tojner vor, er habe das Land anlässlich des Erwerbs der damals gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaften Pannonia, Gesfö und Riedenhof betrogen. Auf Basis falscher Bewertungen der Liegenschaften durch Tojner beziehungsweise seine Gutachter sollen jene Abschlagszahlungen ans Land zu gering ausgefallen sein, die beim Verfahren zur Aberkennung der Gemeinnützigkeit ("Entziehungsverfahren") fällig werden. Tojner bestreitet das, es gilt die Unschuldsvermutung. Neben Tojner sind 15 weitere Personen beschuldigt – und gemäß Verbandsverantwortlichkeitsgesetz neun Unternehmen.

Einer der in die Deals involvierten Rechtsanwälte belastet Tojner schwer: Er sagt, er sei nur Treuhänder des Unternehmers gewesen, Tojner selbst Eigentümer der involvierten Gesellschaften gewesen. Tojner habe ihn nach Bekanntwerden der Betrugsanzeige des Burgenlands aufgefordert, alle Unterlagen zu vernichten, die auf eine Treuhandschaft hinwiesen. Auch auf Tojners Seite werde man das tun, es handle sich um eine "gemeinsame Aktion", sei ihm gesagt worden. Tojner beziehungsweise seine Anwälte weisen diesen Vorwurf aufs Schärfste zurück.

Laut Straflandesgericht hat sich der Tatverdacht gegen Tojner erhärtet. Der sei treibende Kraft hinter den Immobiliengeschäften gewesen, die auftretenden Anwälte und Gesellschafter seien in seinem Auftrag und auf seine Rechnung tätig gewesen. Der Vorwurf der Ermittler, kurz und flapsig zusammengefasst: Zuerst habe man die gemeinnützigen Bauvereinigungen gekauft, Tojner sei Eigentümer geworden. Dann habe man die Gesellschaften ausgeräumt, das Land bei der Abschlagszahlung, die sich am Wert der Immobilien bemisst, über den Tisch gezogen, indem stille Reserven nicht aufgedeckt worden seien. Letzten Endes hätten Tojner beziehungsweise ihm zuzurechnende Firmen profitiert.

Und wie kommt die Justiz auf 140 Millionen Euro, die Tojner rausrücken müsste, damit die Liegenschaften wieder freigegeben werden? Das Gericht geht davon aus, dass Tojner das Land "über Jahre hinweg und unter Anstiftung einer Vielzahl von Mittätern nach einem aufwendigen und ausgeklügelten System" mit 113 Millionen Euro geschädigt und sich selbst um diesen Betrag bereichert habe. Sollte es dereinst zu einer rechtskräftigen Verurteilung kommen, stünde dem Land als Privatbeteiligtem dieser Betrag zu – andernfalls würde das Gericht einen entsprechenden Vermögensverfall verfügen. Dazu komme noch der Verdacht einer Abgabenhinterziehung in Höhe "mehrerer Millionen" Euro.

DER STANDARD betont, dass die Unschuldsvermutung gilt. Tojners Anwälte wollten am Donnerstagabend zur Beschlagnahme noch nichts sagen, sie wollen zunächst die Gerichtsakten analysieren. (Renate Graber, 4.7.2019)