Die private, internationale Amadeus-Schule ist Mieterin der drei Semmelweis-Pavillons in Wien-Währing. Vergangene Woche wurden diese um 35 Millionen Euro zwangsversteigert.

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Wien – Nach außen hin ist es sehr ruhig geworden auf dem Semmelweis-Areal in Wien-Währing. Die Schüler und Lehrkräfte der privaten Amadeus International School Vienna, die in drei der sechs historischen Pavillons in bester Lage in Wien-Währing untergebracht ist, haben sich in die Sommerferien verabschiedet. Und die Semmelweis-Frauenklinik hat ihren Betrieb in den verbliebenen drei Pavillons endgültig eingestellt. Das Team ist erst Mitte Juni in das neue Krankenhaus Nord in Floridsdorf übersiedelt.

Hinter den Kulissen geht es freilich rund, frage nicht. Vor allem die drei von der internationalen Privatschule gemieteten Pavillons haben seit ihrer Privatisierung durch die Stadt Wien im Jahr 2012 rege – und aufsehenerregende – Besitzerwechsel hinter sich. Bisheriger Höhepunkt war vergangene Woche die Zwangsversteigerung der denkmalgeschützten Gebäude um 35 Millionen Euro.

Keine glücklichen Käufer

Als Käufer trat die F.R.F.-HPM-Beteiligungen GmbH in Erscheinung, eine Stiftung der Familie der früheren Kika/Leiner-Eigentümer Koch. Sie hat die Zwangsversteigerung auch vorangetrieben. Aber: "Wir haben nicht wirklich damit gerechnet, dass auch tatsächlich versteigert wird", sagte Anwalt Nikolaus Nonhoff, der die Koch-Stiftung vertritt. Soll heißen: Die Koch-Stiftung ist über den Erwerb der Immobilie nicht wirklich glücklich.

Zum Hintergrund: Zuletzt war Immobilienentwickler Nikolaus Peter Lengersdorff zu 100 Prozent Eigentümer der Pavillons. Lengersdorff hat 2014 auch ein Darlehen bei der Koch-Stiftung aufgenommen und ihr als Sicherheit ein Pfandrecht für die Semmelweis-Gebäude mit einem Höchstbetrag von 33,5 Millionen Euro eingeräumt. Weil Lengersdorff den Darlehensforderungen nicht nachkam, wurde ein Antrag auf Zwangsversteigerung gestellt. Ein Termin Ende Jänner 2019 konnte kurzfristig aufgeschoben werden, vergangene Woche dürfte bei der Koch-Stiftung der Geduldsfaden gerissen sein.

Das Interesse bei der Zwangsversteigerung sei "enden wollend" gewesen, sagte Anwalt Nonhoff dem STANDARD. "Es war nie Absicht der Familie Koch, die Liegenschaft zu erwerben. Aber wir konnten nicht anders." Die anderen Angebote dürften demnach weit unter dem erhofften Erlös gelegen haben.

35 Millionen Euro als Kaufpreis

Die Koch-Stiftung schlug mit 35 Millionen Euro zu. Weil aber auch die Stadtsparkasse St. Pölten ein vorrangiges Pfandrecht auf die Immobilien in Höhe von 5,2 Millionen Euro hatte, zeichnet sich für die Koch-Stiftung – deren Pfandrecht 33,5 Millionen Euro betrug – ein Verlustgeschäft ab. Ob die Koch-Stiftung die Pavillons also weiterverkaufe oder selbst entwickle, sei offen, sagte Nonhoff.

Lengersdorff hatte die drei Immobilien im Jahr 2012 mit dem neuseeländischen Milliardär Richard Chandler um 14,2 Millionen Euro von der Stadt erworben. Nach seinen Angaben hat Lengersdorff seither "mindestens 25 bis 30 Millionen Euro" in die Sanierung der Schulpavillons gesteckt. Eine Zahl, die Experten aus der Baubranche, die nicht genannt werden wollen, aber nicht ganz nachvollziehen können.

Während Lengersdorff von einem Verlustgeschäft spricht, sehen ÖVP und FPÖ in Wien in Aussendungen einen "Schaden von 21 Millionen Euro für die Stadt" – unter gänzlicher Auslassung von Investitionen in die Sanierung der Gebäude. Lengersdorff will jedenfalls, dass die – noch nicht rechtskräftige – Zwangsversteigerung "repariert wird", wie er sagt: also die Rückabwicklung des Kaufs durch die Koch-Stiftung, um die drei Pavillons selbst mit Gewinn weiterverkaufen zu können.

Privatschule als Mieterin betroffen

Die Privatschule als Mieterin ist von den Turbulenzen rund um die Eigentümerschaft insofern betroffen, als der bisher ungenutzte Pavillon II renoviert und teils zu einem Internat ausgebaut werden soll. Auch neue Schulräumlichkeiten sollen geschaffen werden. Lengersdorff hatte die Eröffnung für September 2020 angekündigt. Ob auch der neue Eigentümer die Ausbaupläne der Schule mitträgt, ist noch nicht fixiert.

Die Privatschule selbst hat einen unbefristeten Mietvertrag. Zudem wurde von der Stadt Wien 2012 als Verkaufsbedingung festgeschrieben, dass die Pavillons mindestens bis 30. Juni 2027 "ausschließlich zu Bildungszwecken und zu kulturellen Zwecken" genutzt werden dürfen. Damit sollte eigentlich Immobiliendeals vorgebeugt werden. "Wir wollen über 2027 hinaus hierbleiben", sagte ein Sprecher der Amadeus-Schule dem STANDARD.

Leere Pavillons, offene Fragen

Interessant wird sein, wie die Stadt Wien mit den restlichen drei Pavillons auf dem Semmelweis-Areal umgehen wird. Diese stehen nach dem Auszug der Frauenklinik leer und werden der MA 69 (Immobilienmanagement) übergeben. Eine Nachnutzung wird aktuell geprüft.

Aber auch ein Verkauf der Pavillons durch die Stadt Wien ist eine Möglichkeit. "Ja, es gibt Überlegungen in alle Richtungen", sagte ein Sprecher der zuständigen Wohnbaustadträtin Kathrin Gaál (SPÖ) auf STANDARD-Anfrage. Näheres soll in einigen Monaten feststehen. (David Krutzler, 5.7.2019)