Mit 98,58 Prozent wurde Werner Kogler auf dem grünen Bundeskongress als Spitzenkandidat bestätigt.

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Vielleicht ist steirisches Kürbiskernöl ja wirklich eine Art Zaubertrank. Jedenfalls hat der kräfteraubende EU-Wahlkampf den Grünen-Chef Werner Kogler nicht müde gemacht. Im Gegenteil, wie er am Samstag beim Bundeskongress seiner Partei zeigte. Dort schwor er seine Unterstützer zum Kampf gegen den "Scheißdreck-Populismus" der "blau-blauen Regierung" ein, die künftig mit grüner Opposition im Nationalrat rechnen müsse.

Schaffen die Grünen den Wiedereinzug – was laut Meinungsumfragen fast fix ist –, dann werden im nächsten Nationalratsklub viele neue Köpfe zu sehen sein. Auf den chancenreichen Plätzen findet sich nur ein Kandidat, der bereits als Nationalratsabgeordneter für die Grünen tätig war: Kogler selbst. Das heißt aber keineswegs, dass nur Unbekannte antreten. Auf den Plätzen nach Spitzenkandidat Kogler folgen Leonore Gewessler von der Umwelt-NGO Global 2000, die Journalistin Sibylle Hamann sowie der EU-Abgeordnete Michel Reimon.

Diese Plätze galten als so gut wie fix, gegen Hamann und Gewessler gab es nicht einmal eine Gegenkandidatin. Ab Platz fünf wurde es spannend: Dort bewarb sich die Jetzt-Abgeordnete Alma Zadić, die de facto von Kogler abgeworben wurde. Dass der Grünen-Chef Zadić unbedingt wollte, zeigt sich daran, dass nur eine Lokalpolitikerin gegen sie antrat.

Dennoch blieb offen, ob Zadić gegen die durch Peter Pilz bei den Grünen verursachten Traumata bestehen konnte. So war dann auch eine Nachfrage, warum Zadić nicht gleich bei den Grünen angetreten war. Sie erklärte, dass sie durch Stephanie Cox und Renée Schröder direkt zur damaligen Liste Pilz gebracht worden sei. Mit dem Verweis darauf, dass dort immer wieder "Einzelpersonen" im Vordergrund gestanden seien, erfolgte nun die endgültige Distanzierung von Pilz. Das führte zu immerhin achtzig Prozent für Zadić und grantigen Reaktionen bei ihrer Ex-Liste. "Sie spielt die erste grüne Abgeordnete, ohne ihr Mandat zurückzulegen", schimpfte der einstige Mandatar Peter Kolba auf Twitter.

2017 hat man es "vernudelt"

Mit dem Gewerkschafter Markus Koza, der Kärntner Landessprecherin Olga Voglauer und dem Juristen Georg Bürstmayr wurden dann die aussichtsreichen Listenplätze komplettiert. Ehemalige Abgeordnete wie Helene Jarmer und Alev Korun scheiterten an einer Bewerbung um vordere Listenplätze. Das zeigt, dass die grüne Basis keinesfalls den alten Weg fortsetzen will, vor allem im Bereich Migration. Diese Richtung gab Kogler in seiner Rede vor. 2017 habe man es "vernudelt", so der Parteichef.

Neue Töne gab es von der Quereinsteigerin Sibylle Hamann. Sie bejahte eine Frage aus dem Publikum, ob sie die Wehrpflicht für Frauen vertrete. Das hatte Hamann einst in einer Kolumne geschrieben. Wenn man am Konzept der Wehrpflicht festhalte, dann solle sie für alle gelten, sagte Hamann. Denn man solle nicht die Meinung vertreten, dass zum Beispiel Frauen nicht schießen und Männer nicht pflegen können. In sozialen Medien sorgte das rasch für Kontroversen – auch weil Hamann ankündigte, diese Position nicht nur privat, sondern auch politisch vertreten zu wollen.

Insgesamt war das Prozedere etwas schleppend, nicht zuletzt aufgrund des vermeintlich avancierten elektronischen Abstimmungsverfahrens. Immer wieder mussten Wahlgänge wiederholt werden, weil die Geräte nicht taten, was sie sollten.

Die ohnehin wahlwiederholungserprobten Grünen nahmen es gelassen, wenngleich die auditive Konzentration im Laufe der mehrstündigen Rede-Kaskade merklich nachließ und durch angeregtes Getuschel ersetzt wurde, was den Bundeskongress-Leiter Peter Kraus zu wiederholten Ermahnungen animierte. "Gratulationen bitte im Vorraum", appellierte Kraus. (Fabian Schmid, Theo Anders, 7.7.2019)