Der US-Beauftragten für Syrien hat Deutschland aufgefordert, über Bodentruppen im Kampf gegen die Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" nachzudenken.

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Berlin – Die USA fordern von Deutschland, Soldaten in den Nordosten Syriens zu entsenden. "Wir wollen von Deutschland Bodentruppen, um unsere Soldaten teilweise zu ersetzen", sagte der Beauftragte der US-Regierung für Syrien und für den Kampf gegen die IS-Miliz, James Jeffrey, der "Welt am Sonntag" und der Nachrichtenagentur dpa.

Demnach geht es nicht primär um einen Kampfeinsatz. "Den IS kann man besser mit syrischen Ortskräften zurückdrängen. Aber man braucht eine bestimmte internationale Präsenz, um die Luftunterstützung sicherzustellen, für Logistik, Ausbildung und technische Hilfe", sagte Jeffrey. Die angestrebte Mission solle einen Beitrag zur Stabilität in Nordostsyrien leisten.

Kritische SPD

In Deutschland könnte die Anfrage der USA eine neue Koalitionskrise auslösen. Weite Teil der SPD stehen schon dem aktuellen Einsatz der Bundeswehr in der Region kritisch gegenüber. Das noch bis Oktober gültige Bundestagsmandat umfasst den Einsatz von Tornado-Aufklärungsjets über Syrien und dem Irak sowie die Ausbildung irakischer Soldaten in deren Heimat. Die SPD hatte jedoch bereits bei der jüngsten Verlängerung durchgesetzt, dass der Tornado-Einsatz Ende Oktober ausläuft.

Bei einem Besuch in Bagdad erklärte der deutsche Außenminister Heiko Maas (SPD) Anfang Juni, über die Zukunft der Mission solle nach der Sommerpause entschieden werden. Der Einsatz sei "zurzeit noch absolut unabdingbar", um zu verhindern, dass der IS im Untergrund neue Strukturen aufbaue. Nun müsse die Sicherheitslage beobachtet und nach der Sommerpause ein Fazit gezogen werden, wie sich der IS bis dahin entwickelt habe. Derzeit sind für den Einsatz knapp 400 deutsche Soldaten in Jordanien und dem Irak stationiert.

Der kommissarische SPD-Vorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel lehnt einen Einsatz deutscher Bodentruppen jedenfalls ab. "Deutsche Bodentruppen in Syrien wird es mit uns nicht geben", schrieb er am Sonntag auf Twitter.

Ein solches Mandat würde von der SPD abgelehnt. Im Übrigen sehe er auch beim Koalitionspartner Union nicht, "dass das gewollt würde", fügte Schäfer-Gümbel hinzu.

Gültiges Mandat bis Oktober

Ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums betonte am Sonntag, die Bundeswehr habe ein gültiges Mandat bis Oktober. "Wenn es neue Vorschläge gibt, dann werden wir die im Rahmen der Allianz erörtern", erklärte er. "Dann werden sich die Bundesregierung und natürlich auch das Parlament damit befassen."

Der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionschef Johann Wadephul sprach sich für eine sorgfältige Prüfung der US-Bitte um deutsche Bodentruppen für Syrien aus. Die Anfrage dürfe "nicht reflexartig zurückgewiesen werden", sagte der CDU-Politiker am Sonntag der Deutschen Presseagentur. Er sprach sich dafür aus, "in jedem Fall" den Einsatz von Tornado-Aufklärungsflugzeugen der Bundeswehr im Kampf gegen den IS fortzusetzen. "In dieser Region geht es um unsere Sicherheit und nicht die amerikanische", betonte er.

Jeffrey hat dem Bericht zufolge sein Anliegen bereits mit Regierungsvertretern in Berlin erörtert. "Die Deutschen überlegen, was sie machen können", sagte er. "Vielleicht stellen sie Bodentruppen. Aber es kann auch zivile, finanzielle oder eine andere Art von militärischer Unterstützung sein." Die Bundesregierung dürfte sich in der Frage unter Zugzwang sehen, den USA zumindest ein Stück weit entgegenzukommen: Als vor einigen Monaten Pläne von US-Präsident Donald Trump zu einem Abzug der amerikanischen Truppen aus Syrien durchsickerten, hatte sie sich für einen Verbleib der US-Soldaten in dem Bürgerkriegsland eingesetzt. Ohne die US-Truppen werden neue Kämpfe in der Region erwartet.

Neue Offensive

Das irakische Militär hat indes einen großangelegten Einsatz gegen den IS nahe der Grenze zu Syrien begonnen. Die Angriffe ziehen sich von der Provinz Salah al-Din im Norden bis zur Provinz Anbar im Westen, sagte Generalleutnant Abdul Amir Rashid am Sonntag. Die irakische Armee und verbündete Milizen beteiligten sich demnach am Kampf gegen die Extremisten, um das von den USA geführte Militärbündnis zu unterstützen, hieß es. Der Einsatz soll mehrere Tage dauern. (Reuters, APA, 7.7.2019)