Klare Rollenverteilung bei Tirols schwarz-grüner Landesregierung: Die ÖVP gibt den Ton an, die Grünen wippen im Takt mit.

Foto: APA/Expa/Groder

Innsbruck – Wenn sie an einem Strang ziehen, geben sie ein gutes Team ab. Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) und seine Stellvertreterin Ingrid Felipe von den Grünen sind seit nunmehr sechs Jahren das ungleiche Duo an der Spitze Tirols. Die quirlige Grüne und der hölzerne Schwarze konzentrieren sich auf Sachpolitik, so wie aktuell im Transitstreit mit den Nachbarn. Skandale und Streitereien wurden bislang erfolgreich vermieden.

"Zu langweilig und fad"

"Wir machen unaufgeregte Politik und sind keine Selbstdarsteller", beschreibt die Tiroler Grünen-Chefin den Koalitionsalltag. Das mag auf Außenstehende "zu langweilig und harmonisch" wirken. Aber der Tiroler Bevölkerung gefalle dieser konstruktive Stil, ist Felipe überzeugt.

Platter zieht nach sechs Jahren schwarz-grüner Vernunftehe ein ähnliches Fazit: "Auch wenn wir oft sehr unterschiedliche Standpunkte einnehmen, vermeiden wir Streit." Das schätze die Bevölkerung. Mit den Grünen stimme die Chemie, man bringe sich Vertrauen entgegen.

Mit Koalitionen kennt sich Platter aus: "Ich habe schon jede Konstellation miterlebt." Die Wahl der Grünen als Partner hat sich für ihn als richtig erwiesen. Wobei das vor allem an den handelnden Personen liege, wie er betont. Bei der Neuauflage von Schwarz-Grün vor zwei Jahren gab es zwar VP-intern einige Kritiker, die es lieber nach Bundesvorbild mit der FPÖ versucht hätten. "Aber diese Stimmen sind mittlerweile verstummt. Ich entscheide, mit wem ich Gespräche führe", sagt Platter selbstbewusst.

Unter Kontrolle

Angesichts des Platzens der türkis-blauen Koalition im Bund fühlt er sich in seiner Entscheidung bestätigt: "Sind wir froh, dass wir in Tirol eine andere Koalition haben." Als Empfehlung an die Bundespartei will er das aber nicht verstanden wissen: "Man kann das nicht 1:1 umlegen." Wichtig sei aus seiner Sicht, dass im Herbst Sebastian Kurz wieder Kanzler wird. Mit welchem Partner, das will Platter nicht kommentieren: "Ich würde niemanden ausschließen."

Die Harmonie in Tirol ist oft mehr Schein als Sein. Platter hat die Grünen unter Kontrolle. Bei den Koalitionsverhandlungen 2018 musste Felipe schmerzliche Zugeständnisse machen. Den Grünen blieb das undankbare Sozialressort mit den Flüchtlingsagenden. Sie selbst ist für Verkehr, aber nur noch teilweise Umweltschutz zuständig. Geht es um Wasserkraft und Beschneiungsanlagen, in Tirol besonders heikle Themen, liegt die Entscheidungsmacht bei der Volkspartei.

Transit plötzlich Chefsache

Wie dominant die Schwarzen in der vermeintlichen Kuschelkoalition sind, zeigt sich aktuell beim Thema Verkehr. Eigentlich Felipes Ressort, hat Platter den Transit zur Chefsache erklärt. Seine Stellvertreterin reagiert diplomatisch. Sie sei sehr froh darüber, dass der Landeshauptmann mit ihr gemeinsam Verkehrspolitik mache. Das stehe sinnbildlich für den gemeinsamen Tiroler Weg.

Platter sagt es mit seinen Worten: "Wir geben in dieser Koalition den Ton an, das ist auch wichtig." Aber er ziehe seinen grünen Partner nicht über den Tisch, das sei ebenso wichtig. Felipe pflichtet mit Verweis auf das letzte Landtagswahlergebnis bei: "Wir haben zehn, die ÖVP 44 Prozent erreicht. Wer hier den Ton angibt, ist eindeutig."

Allerdings sei es in den vergangenen sechs Jahren gelungen, die grüne Sichtweise – etwa beim Klimaschutz, dem Verkehr oder der Mindestsicherung – einzubringen. Und die Tiroler Koalition sei für die Rückkehr der Grünen auf Bundesebene eine wichtige Basis, sagt Felipe, die auf zwei Grundmandate in ihrem Bundesland hofft. Als Vorbild sei die Zweckehe aber nicht zu verstehen: "Die Tiroler Volkspartei ist christlich-sozial und nicht mit den Türkisen in Wien zu vergleichen." (Steffen Arora, 7.7.2019)