Ein paar europäische Staaten haben ein paar Migranten von einem deutschen Rettungsschiff in Malta übernommen. Das nahm Ex-Kanzler Sebastian Kurz zum Anlass, um wieder einmal eine populäre Linie zu fahren. Die Retter würden nur weitere illegale Migranten ermutigen, wenn auch unabsichtlich. Das Ertrinken im Mittelmeer könne nur aufhören, wenn die Rettung nicht mit einem "Ticket nach Mitteleuropa" verbunden sei. Man müsse die Leute ins Herkunftsland oder ein "Transitland" zurückbringen, sagte er der "Welt".

Hamburger Demonstration für die freie Seenotrettung im Mittelmeer.
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Das Problem mit Kurz ist, dass er gerne immer nur wohlklingende Forderungen erhebt, ohne sich auf realistische Handlungsanleitungen einzulassen. Die Retter sollen die Leute nicht unabsichtlich "anlocken"? Sie nicht aus dem Wasser fischen? Glaubt Kurz wirklich, dass Klima- oder Bürgerkriegsflüchtlinge aus Somalia die Debatte in Europa verfolgen?

Größtes Transitland ist Libyen. Dort werden tausende Flüchtlinge aus Afrika in elenden Lagern festgehalten und versklavt. Mit Unterstützung der EU. Eine Forderung von Kurz ist damit erfüllt. Und die, die es trotzdem auf See schaffen, will er dorthin zurückbringen lassen? Man kann Absprungländer wie die Türkei oder Marokko bestechen, dass sie die Leute nicht von ihren Küsten weglassen – und halbwegs menschlich behandeln. In Libyen funktioniert das nicht. Diese Realitätsroute kann man nicht mit Interviews schließen. (Hans Rauscher, 8.7.2019)