Deluxe Ski Jump 2.

Foto: Mediamond/Screenshot

Deluxe Ski Jump 3.

Foto: Mediamond/Screenshot

Deluxe Ski Jump 4.

Foto: Mediamond/Screenshot
Foto: "Deluxe Ski Jump 4"

Anfang Juli präsentierte ein Artikel die zehn besten Games, mit denen man sich gegen die Hitze abkühlen kann. Freilich fielen Überlegungen zunächst auch auf Wintersportspiele und dortigen Schnee. Schnell wurde aber klar: Viele davon gibt es überhaupt nicht mehr. "Winterspiele sind tot", lautete bereits 2014 die Schlagzeile. Aber ein Spiel hält sich dennoch und schafft es immer wieder in Ranglisten: Deluxe Ski Jump.

Die Indie-Skisprungsimulation der finnischen Firma Mediamond begeistert nach wie vor Leute, obwohl der erste Teil der Reihe heuer bereits sein 20-jähriges Jubiläum feiert. Die vierte und bisher letzte Version erschien 2011. Aber warum verstaubt dieses Retro-Game nach wie vor nicht in den Regalen?

"Meine größte Innovation war, wie der Skispringer mit der Maus gesteuert wird", sagt Jussi Koskela auf STANDARD-Anfrage. Der Finne hat Mediamond im März 2000 gegründet und das Skisprungspiel erfunden. "Der Spieler kann sich dadurch sehr gut in die Sportart hineinversetzen und die Freiheit des Fliegens nachempfinden".

Patrykowskyy Channel

Einfache Steuerung

Die Bedienung ist in der Tat einsteigerfreundlich. Kein Gamepad, nicht einmal eine Tastatur ist nötig. Die Maus reicht vollkommen. Mit der linken Maustaste fährt man los. Wenn man beide Maustasten gleichzeitig gedrückt hält, springt man ab. Ist der Springer in der Luft, bewegt man diesen ebenfalls mit der Maus. Zur Landung benötigt man wiederum beide Maustasten. Gleichzeitig gedrückt löst man die Sicherheitsvariante aus, das Kacherl – hintereinander gedrückt den von Sprungrichtern lieber gesehenen und besser benoteten Telemark.

Dieses Konzept haben selbst Schanzenneulinge schnell verinnerlicht. Aber nie ist zu vergessen: So einfach die Steuerung sein mag, ein weiter Sprung ist umso schwerer zu meistern und erfordert höchste Konzentration. "Jede Bewegung des Spielers beeinflusst den Springer. Damit bietet jeder Sprung Raum zur Verbesserung. Deshalb erzeugt das Spiel so eine Sucht", sagt Koskela. "Nur noch ein Sprung...", spricht der 37-jährige Finne vor, was wohl viele Gamer schon einmal gedacht haben – ehe schnurstracks einige Stunden vergangen sind.

Einfache Steuerung

Die breite Schanzenauswahl begünstigt diesen ausufernden Spielspaß und die nötige Abwechslung. 32 stehen bei Deluxe Ski Jump 2 zur Auswahl, 40 bei 3, 24 bei 4. Für jeden Skispringer ist etwas dabei.

Schanzen mit so kurzem Anlauf, bei denen man beim ersten Mal den richtigen Absprung völlig verhunzt und den Abhang runterpurzelt. Schanzen, bei denen man während der Hocke noch schnell Rubiks Zauberwürfel lösen kann. Schanzen, bei denen man froh ist, 50 Meter zu springen. Schanzen, bei denen man die physikalischen Gesetze außer Kraft setzt und über 300 Meter weitfliegt. Apropos Kraft, zum Vergleich: Den aktuellen Schanzenrekord in der Realität hält der Österreicher Stefan Kraft, seit er 2017 im norwegischen Vikerssund 253,5 Meter erreichte.

OPCGpl

Aber genau dieser Größenwahn macht das Spiel aus. Zu sehen, wie der Springer einfach nicht zu Boden segeln will, sondern weit unten am Hang sogar nochmals an Höhe gewinnt und unter Umständen sogar am Gegenhang landet, zaubert jedem Sprunglehrling ein Lächeln ins Gesicht.

Retro-Effekt

Da macht es auch wenig aus, dass die Grafik eben so alt ist wie sie ist. Auf das Original 1999 folgte 2001 Deluxe Ski Jump 2, das wie sein Vorgänger noch in 2D gestaltet war. Die dritte Version kam 2004 heraus, ehe 2011 die bisher letzte Edition das Licht der Gaming-Welt erblickte. Letztere wird daher heute noch am meisten gespielt. Online-Turniere finden nach wie vor statt, so auch am 4. Juli zum 20-jährigen Jubiläum. Ältere Versionen sind immer noch runterladbar und mittels DosBox spielbar.

Die beiden neueren Teile bieten 3D, die Grafik darin wurde etwas aufgepäppelt. Das Menü wirkt frischer und farbintensiver. Der Schanzenanlage wurden mehr Details spendiert: Etwa Windfahnen, welche die Wetterbedingungen anzeigen, oder eine Fanmenge beim Auslauf. Die Austragungsorte stammen aus dem realen Weltcup und tragen nicht mehr nur einen Ländernamen, etwa Planica statt Slowenien.

Alles in allem überwiegt aber nach wie vor der minimalistische Ansatz: Ein Springer, eine Schanze in weißer Winterlandschaft, ein Sprung und fertig. Maximale Sprungleistung bei minimaler Grafik, mehr braucht man nicht für ein süchtig machendes Game.

Kaum Konkurrenz

Dabei hilft, dass der Markt kaum andere brauchbare Skisprungspiele entwickelt. Für die berühmteste Konkurrenz sorgte noch das deutsche Entwicklerstudio 49Games, das in Kooperation mit dem gleichnamigen deutschen Fernsehsender mehrere Teile von "RTL Skispringen" und andere Winterspiele herausbrachte. Nachdem die deutschen Erfolge nach der Ära Sven Hannawald und Martin Schmitt abflauten und RTL auch die Rechte an den Skisprungübertragungen abgab, war auch das Ende der Skisprungreihe besiegelt. 49 Games wurde später vom deutschen Softwareunternehmen BigPoint geschluckt.

2016 brachte das österreichische Entwicklerstudio bitsalive anlässlich der Skiflug-Weltmeisterschaften am Kulm noch die App Kulm Skiflug WM 2016 heraus.

Kein Teil fünf geplant

Alle Versionen zusammengerechnet wurde Deluxe Ski Jump allein über die offizielle Website mindestens fünf Millionen Mal heruntergeladen, sagt Koskela. Der dritte Teil sei noch immer der erfolgreichste, der vierte hole aber jährlich auf. Frühere Verbreitungswege sind auch zu nennen: Zahlreiche Websites boten Demoversionen an. Die ersten Vollversionen waren zudem auf dem Cover vieler Zeitschriften in Szene gesetzt und in deren Kauf inkludiert.

Koskela schätzt, dass die Spielereihe daher mindestens 10 Millionen Mal installiert wurde. "Downloads und Verkäufe sind nach wie vor stabil. Leute, die das Spiel in ihrer Kindheit gespielt haben, stellen es nun ihren Kindern vor". Auch wenn aktuell kein fünfter Teil geplant ist: So ist es gut möglich, dass Deluxe Ski Jump noch weitere 20 Jahre gespielt wird. (Andreas Gstaltmeyr, 15.7.2019)