Wien – Die elektronische Gesundheitsakte (Elga) steht vor ihrer ersten Bewährungsprobe. Die Einführung war vor allem in der Ärzteschaft umstritten, doch mittlerweile verwenden alle öffentlichen Krankenhäuser Elga, die Proteste blieben aus.
Anfang nächsten Jahres soll eine zusätzliche Funktion für Elga getestet werden: Der elektronische Impfpass startet 2020 in Wien, Niederösterreich und der Steiermark. Doch damit dieser überhaupt sinnvoll verwendet werden kann, müssen möglichst viele niedergelassene Ärzte Zugriff darauf haben.
Mehr Wahlärzte als Kassenärzte
Allerdings liegt genau hier das Problem. Derzeit wird Elga zwar bei allen niedergelassenen Ärzten mit Kassenvertrag ausgerollt, doch die Zahl der Wahlärzte ist mittlerweile größer als die Zahl der Kassenärzte. Laut einer Erhebung der Ärztekammer von Ende 2018 gibt es österreichweit 7.099 Ärzte, die bei den Gebietskrankenkassen unter Vertrag stehen, und 1.089 Ärzte mit Verträgen bei kleineren Kassen.
Dem gegenüber stehen aber weit mehr Ärzte, die nicht auf Elga zugreifen können. Das hat eine parlamentarische Anfrage der Neos ergeben, die Beantwortung liegt nun vor. 10.000 niedergelassene Wahlärzte, 5.500 Schulärzte, 2.200 Arbeitsmediziner und Amtsärzte in 94 Gemeinden haben demnach keinen Zugriff auf Elga.
Lückenhaftes System
"Das System ist lückenhaft", kritisiert Neos-Gesundheitssprecher Gerald Loacker im STANDARD-Gespräch. Die Einführung des elektronischen Impfpasses geht auf einen Antrag der Oppositionspartei vom Vorjahr zurück. Es sei zwar erfreulich, dass der Vorschlag angenommen wurde, aber die Umsetzung lasse zu wünschen übrig, findet der pinke Abgeordnete. Laut Plan der damaligen Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) sollten Impfungen bereits ab 2019 in den elektronischen Impfpass eingetragen werden können, das wurde aber auf 2020 verschoben.
Doch wenn weniger als die Hälfte der niedergelassenen Ärzte überhaupt Zugriff auf Elga hat, sei das nicht sinnvoll, resümiert Loacker. Denn einerseits sollte der elektronische Impfpass eine lückenlose Dokumentation des Impfstatus ermöglichen, damit behandelnde Ärzte diesen auf den ersten Blick erfassen können. Andererseits geht es aber auch um eine Erfassung der Durchimpfungsrate in der Bevölkerung – diese Daten werden anonymisiert weitergegeben. Beide Ziele werden durch die schleppende Umsetzung und die unvollständige Anbindung der niedergelassenen Ärzte erschwert.
Kinderarzt ja, Schularzt nein
Außerdem sei es nicht logisch, wenn der Schularzt zwar impfen dürfe, aber im Gegensatz zum Kinderarzt die verabreichten Immunisierungen nicht elektronisch vermerken könne. "Niemand erhält den Gesamtüberblick, wer welche Impfung bekommen hat", sagt Loacker. "Die Versicherten kennen sich genauso wenig aus wie die Ärzte."
Es sei zwar vorgesehen, dass sowohl Schul- als auch Amtsärzte künftig an Elga angebunden werden, doch dafür sollte die Regierung erst im Herbst 2019 einen Plan vorlegen. Wann das nun geschehen soll, ist unklar. Laut Anfragebeantwortung wird auch der Zeitplan für die Ausweitung des Pilotprojekts erst im Lauf des nächsten Jahres erstellt. Frühester Beginn ist damit 2022. (Marie-Theres Egyed, 9.7.2019)