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Nachdem die EU der Schweizer Börse die Äquivalenz aberkannt hatte, mussten beispielsweise die Börsen in Frankfurt und London helvetische Aktien aus dem Angebot nehmen. Betroffen sind etwa UBS, Nestlé oder Novartis.

Foto: Reuters/ARND WIEGMANN

Die Schweiz und die EU sind wirtschaftlich und politisch eng verbunden. Die ungleichen Partner begegnen einander aber oft mit Misstrauen und Unverständnis. Das jüngste Kapitel: Seit Anfang Juli erkennt die EU die Schweizer Börse Six nicht mehr als gleichwertig mit Handelsplätzen im Binnenmarkt an. Brüssel entzog dem Handelsplatz Helvetiens die "Äquivalenz". Damit wollen die Europäer die Eidgenossen politisch bestrafen – für ihre Unbotmäßigkeit beim sogenannten Rahmenabkommen zwischen den Kontrahenten.

"Für uns hat das Erreichen einer dauerhaften Äquivalenzanerkennung höchste Priorität, weil damit Rechtssicherheit gefestigt wird und transparente und effektive Märkte dem Bedarf der Anleger in der EU und in der Schweiz entsprechen können", sagt Six-Sprecher Julian Chan dem STANDARD.

Eigentlich aber bräuchten sich die Bosse der Six nicht zu sehr zu sorgen: Bislang verpuffen die EU-Sanktionen. Die Handelsvolumen an der Six liegen in den ersten Tagen des dritten Quartals 2019, das am ersten Tag des Börsenclinchs begann, über den Vergleichstagen des zweiten Quartals. Von Anfang an zeigten sich die Börsianer unbeeindruckt und wickelten "prächtige" Geschäfte ab, wie das Schweizer Fachmedium Finanz und Wirtschaft jubelte.

Gegenschlag aus Bern

Die Aberkennung der Äquivalenz bedeutet konkret, dass ab dem 1. Juli Marktteilnehmer aus der EU nicht mehr an der Schweizer Börse handeln dürfen. Eigentlich. Dieses Verbot der EU parierte die Regierung in Bern mit einem Gegenschlag – und machte das EU-Verbot wirkungslos. Das Schweizer Finanzministerium untersagte den Börsen in der EU, ebenso mit Wirkung zum 1. Juli, "den Handel mit bestimmten Beteiligungspapieren von Gesellschaften mit Sitz in der Schweiz anzubieten oder diesen Handel zu ermöglichen".

Somit mussten die Börsen in Frankfurt oder London helvetische Aktien aus dem Angebot nehmen. Betroffen sind etwa UBS, Nestlé oder Novartis. Ihre Anteile werden nun stärker an der Schweizer Börse gehandelt. Bern nutzte zudem ein Schlupfloch im EU-Reglement über Märkte für Finanzinstrumente: Damit stellen die Eidgenossen sicher, "dass EU-Marktteilnehmer auch ohne Äquivalenzanerkennung durch die EU weiter Zugang zum Schweizer Binnenmarkt haben und Schweizer Aktien direkt bei Six handeln können", so Six-Sprecher Chan. Mit anderen Worten: Der Schweizer Aktienmarkt bleibt für EU-Händler offen – trotz Aberkennung der Gleichwertigkeit.

Streit wegen Rahmenabkommen

Provoziert wurde der Zoff durch das Rahmenabkommen zwischen Bern und Brüssel. Es soll sicherstellen, dass die Schweizer relevantes EU-Recht umsetzen, Streitfälle soll eine neue Instanz regeln. Nachdem sich beide Seiten prinzipiell auf das Abkommen geeinigt hatten, geriet die Regierung in Bern innenpolitisch unter Druck. Gewerkschaften warnten vor einem Sinken der Schweizer Löhne auf das niedrigere EU-Niveau. (Jan Dirk Herbermann aus Genf, 10.7.2019)