Im Gastkommentar erinnert sich Franz Nauschnigg an die Gründung der Asfinag und macht einen Vorschlag für eine Europäisierung der Vignette.

Mit der EuGH-Entscheidung, das deutsche Vignettenmodell zu kippen, ist die EU ihren Grundsätzen treu geblieben, da eine derartige Ausländerdiskriminierung negative Konsequenzen für die EU hätte. In Österreich wurden bei der Einführung der Autobahnvignette ähnliche Konstruktionen überlegt. Nach informellen Gesprächen mit der EU-Kommission, die sich gegen derartige Konstruktionen aussprach, entschied sich Finanzminister Viktor Klima dagegen.

Ab Mitte der 1990er-Jahre wurde insbesondere zur Erfüllung der budgetären Konvergenzkriterien für den Euro-Beitritt von den Finanzministern Staribacher, Klima und Edlinger eine wachstumsfreundliche Budgetkonsolidierung in Österreich durchgeführt. Die Asfinag war ein wesentlicher Teil, wodurch außerbudgetär durch Infrastrukturinvestitionen die Inlandsnachfrage angekurbelt und langfristig durch bessere Infrastruktur der Wirtschaftsstandort Österreich gestärkt wurde. Das Autobahn- und Schnellstraßennetz in Österreich wurde in eine Gesellschaft ausgegliedert, Asfinag-Investitionen wurden nicht mehr defizitwirksam verrechnet.

Auf Österreichs Autobahnen gilt seit 1997 Vignettenpflicht.
Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Vorteil gegenüber Treibstoffsteuer

Die Vignette dient der Einhebung der Straßenbenützungsgebühr für Pkws. Gegenüber einer Treibstoffsteuer hat sie den Vorteil, dass sie unabhängig von der Antriebsart (Benzin, Diesel, Gas, Strom) ist und auch unabhängig davon, in welchem Land der Treibstoff gekauft wurde. Dies ist bei einem kleinen Transitland wie Österreich bedeutsam, damit auch ausländische Pkws für die Straßenbenützung ihren Beitrag leisten. Sie ist billig und einfach zu kontrollieren.

Die Vignette wurde 1997 nichtdiskriminierend eingeführt, und es gab für österreichische Pkw-Besitzer keine entsprechenden Steuersenkungen. Eine fahrleistungsabhängige Maut wurde damals überlegt, jedoch wegen der dafür notwendigen langen Vorlaufzeiten, der höheren Einhebungskosten und der schwierigen politischen Akzeptanz wieder verworfen.

Keine Gegenmaßnahmen

Ich habe bereits 2015 in einem Artikel in der deutschen Zeitschrift "Wirtschaftsdienst" festgestellt, dass die von der CSU vorgeschlagene deutsche Infrastrukturabgabe (Vignettenmodell) EU-rechtlich bedenklich ist und zu einer Ausländerdiskriminierung führt: "In der ökonomischen Wirkung werden durch die deutsche Infrastrukturabgabe nur die Ausländer belastet, während die Inländer durch die gleichzeitig vorgesehene Senkung der Kfz-Steuer ökonomisch nicht belastet werden.

In Österreich erfolgte die Einführung der Vignette für Pkws, 1000 Schilling (etwas über 70 Euro) für eine Jahresvignette, ohne gleichzeitige Entlastung der inländischen Autofahrer. Dies vor allem wegen des Nichtdiskriminierungsgebotes der EU gegenüber Ausländern. (...) Die Befürworter der deutschen Regelung sollten bedenken, dass, wenn das deutsche Modell genehmigt wird, zu erwarten ist, dass andere EU-Länder entsprechende Gegenmaßnahmen setzen. Österreich könnte zum Beispiel nach dem deutschen Modell eine Erhöhung der Vignettenpreise bei gleichzeitiger Entlastung der inländischen Pkw-Lenker vornehmen. Dies würde vor allem wieder deutsche Pkw-Lenker treffen. Die EU kann eine derartige Politik, bei der die Lasten ökonomisch jeweils nur den Ausländern aufgebürdet, da die Inländer gleichzeitig entlastet werden, nicht wollen. Sie wäre auch ökonomisch kontraproduktiv."

Vignetten gegenseitig anerkennen

Durch die EuGH-Entscheidung können Gegenmaßnahmen anderer Staaten ausbleiben. Es könnte allerdings überlegt werden, ob man nicht in der EU die Vignetten gegenseitig anerkennen und nur die Mautgesellschaften einander mit Vereinbarungen die Ungleichgewichte bei den jeweiligen Verkehren vergüten sollten. Damit könnte der grenzüberschreitende Pkw-Verkehr erleichtert und die Vignette europäisiert werden. Österreich könnte hier entsprechende Vorschläge machen und zum Beispiel versuchen, mit der Slowakei eine Regelung zu finden. (Franz Nauschnigg, 9.7.2019)