CVer oder Burschenschafter? Die Unterschiede sind wesentlich, wie die ORF-Doku zeigt.

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Zum jährlichen WKR-Ball der Burschenschafter in der Wiener Hofburg Ende Jänner planten die Sendungsmacher ihre Dokumentation Männer, Macht und Mensuren. Allein: Der ORF fand nach eigenen Angaben keinen Sendeplatz für die Dokumentation über Burschenschaften und katholische Cartellverbände. Intern war auch von Budgetfragen und einem nötigen Nachdreh die Rede. Man habe sich in internen Gesprächen, "die sehr amikal abgelaufen sind", darauf geeinigt, die Dokumentation doch nicht im Jänner auszustrahlen, sagt der für die Sendung verantwortliche Andreas Novak.

Seit eine ganz andere Dokumentation über Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus on air ging und als "Ibiza-Gate" in die Geschichte der Republik einging, ist die Koalition von FPÖ und ÖVP vorerst beendet.

Strache und Gudenus

Was an dieser Dokumentation ist so pikant, dass die Wahl des Sendeplatzes mit so viel Bedacht zu treffen ist? Vielleicht ist es schon eine der ersten Szenen im Film, in der man Heinz-Christian Strache, im Jänner noch Vizekanzler und FPÖ-Chef, und seinen ebenfalls ehemaligen Parteikollegen Johann Gudenus als Gäste beim "Freiheitskommers", einem Treffen von Burschenschaftern in der Hofburg, sieht.

Den Einfluss, den Burschenschaften und katholische Cartellverbände im politischen System Österreichs haben, ist ein wesentlicher Bestandteil der Dokumentation. "Ich sehe den Einfluss der Korporierten insgesamt in der FPÖ völlig übertrieben dargestellt", sagt ein Burschenschafter im Film. 2018, als die Dokumentation gedreht wurde, waren jedoch fast die Hälfte der Nationalratsabgeordneten der FPÖ Mitglieder von schlagenden Burschenschaften, heißt es im Film. Mit Heinz-Christian Strache und Norbert Hofer hatten es sogar ein Mitglied einer Burschenschaft und ein Ehrenmitglied einer solchen in Regierungsämter geschafft. "Wenn man sich ansieht, wie viele schlagende Burschenschafter in Positionen gekommen sind durch die Regierungsbeteiligung der FPÖ, muss man zu dem Schluss kommen, dass ihre Macht groß ist", sagt Stuhlpfarrer, einer der Gestalter des Films.

So groß die personellen Überschneidungen zwischen der FPÖ und den schlagenden Burschenschaften sind, so eng waren einst die Verstrickungen zwischen der ÖVP und den katholischen Cartellverbänden. Im Film werden die Unterschiede zwischen den beiden Gruppen deutlich gemacht. Optisch unterscheiden sich die Verbindungen zwar kaum, denn auch die CVer tragen Schärpe und Hut. Doch im Unterschied zu vielen Burschenschaften bekennen sich die Cartellverbände nicht zum deutschen Volk, sondern zu Österreich und seiner katholischen Tradition.

Recherche mit Hindernissen

"Eine Mauer des Schweigens", nennt Novak die Bedingungen, welche die Gestalter bei der Recherche vorfanden. Besonders bei den Burschenschaften sei die Grundskepsis gegenüber den Medien sehr deutlich zu spüren gewesen, sagt Stuhlpfarrer. Viele Telefonate seien notwendig gewesen, bis man mit der Austria Innsbruck eine CV-Verbindung und mit der Libertas Wien eine schlagende Burschenschaft gefunden hat, die bereit waren, einen Einblick zu gewähren, sagt Wiesner.

Warum die Dokumentation erst jetzt gesendet wird und nicht im Jänner ausgestrahlt wurde, wollen die Macher heute nicht mehr kommentieren. Das sei "ein kalter Kaffee, von dem man nun auch nicht schöner wird", sagt Novak. Der Umstand, dass FPÖ und ÖVP nun nicht mehr Teil der Regierung sind, habe jedenfalls nichts damit zu tun, erklärt er. Die Entscheidung, den Film am 10. Juli zu senden, sei schon getroffen worden, als man noch nicht wusste, dass die Regierung auseinanderbrechen würde. (Johannes Pucher, 10.7.2019)


*Berichtigung: In einer ersten Version hieß es: "So groß die personellen Überschneidungen zwischen der FPÖ und den schlagenden Burschenschaften sind, so zahlreich sind sie auch zwischen der ÖVP und den katholischen Cartellverbänden vorhanden." Richtig ist jedoch, dass die traditionell zahlreichen, personellen Überschneidungen zwischen der ÖVP und den Cartellverbänden zurückgehen, was im Film "Männer, Macht und Mensuren" auch verdeutlicht wird. In der aktuellen Version dieses Artikels heißt es deshalb: "So groß die personellen Überschneidungen zwischen der FPÖ und den schlagenden Burschenschaften sind, so eng waren einst die Verstrickungen zwischen der ÖVP und den katholischen Cartellverbänden."