"Ich baue alle möglichen Gitarren, von akustischen Instrumenten bis hin zu Elektrogitarren und exotischen Dingen. Der letzte Auftrag war ein Instrument für einen Künstler, das auf einer zweisaitigen, mongolischen Pferdekopfgeige basiert. Davor bestellte eine Frau eine Westerngitarre, die sie ihrem künftigen Mann zur Hochzeit schenken wollte. Im Schnitt benötige ich für eine Gitarre einen Monat, von den Kosten her beginnt es bei 4500 Euro, wobei die Preisgestaltung nach oben hin offen ist. Die Gitarrenwelt ist im Gegensatz zum Geigenbau nicht so regulatorisch. Zu dieser Welt gehören auch Banjos, Mandolinen und irgendwelche Freak-Instrumente.

Adam Wehsely-Swiczinsky in seinem Studio im zweiten Bezirk, wo er Skibindungen und Möbel ebenso entwirft wie Gitarren aller Art.
Foto: Nathan Murrell

Was mir besonders am Herzen liegt, ist die Wahl des Materials. Ich verwende keine tropischen Hölzer, kein Palisanderholz, kein Ebenholz, auch kein Mahagoni. Das ist nicht notwendig, es gibt so tolle Hölzer bei uns. Ich lass die Tropenwälder lieber in Ruhe! Das Material für die letzten Instrumente, die ich gebaut habe, stammt zur Gänze aus der Stadt Wien, aus dem Prater, dem 22. Bezirk oder dem Augarten. Besonders nach einem Sturm kann man gute Beute machen. Dann kreuze ich bei den Wiener Gärten oder den Bundesgärten auf. Die würden das Holz sonst einfach verbrennen. Der Körper einer meiner frühen Gitarren besteht übrigens aus Hanf.

Skischuh und Gitarre

Ich baue nicht nur Gitarren, auch wenn der Bau von Instrumenten meine erste berufliche Station war. Ich lernte auch das Tischlerhandwerk und absolvierte das Studium des Industriedesigns an der Wiener Angewandten. Später arbeitete ich als Inhouse-Designer bei der Firma Tyrolia, wo ich Skibindungen und alles Mögliche designte. Ich war also klassischer, technischer Industriedesigner. Das bin ich bis heute, nur längst schon selbstständig. Außerdem darf ich mich mittlerweile Gitarrenbau-Meister nennen. Man mag glauben, Industriedesign und der Bau von Instrumenten hätten nicht viel miteinander zu tun, aber das ist ein Irrglaube. Ein Skischuh, eine Prothese und Ähnliches sind ebenso technische Geräte wie eine Gitarre. Es geht ferner um Körper. Zur Gitarre hab ich aber einen unglaublich persönlichen Bezug, weil ich Musik mache, seit ich 13 war. Stilistisch reicht das von meiner 'Heimat' Blues-Rock bis hin zu allem Möglichem. Ich komponiere auch selber. Wir haben hier in unserem Atelier im zweiten Bezirk, einem ehemaligen Lederlager, sogar ein eigenes Tonstudio.

Wehsely-Swiczinsky baut alle möglichen Gitarren, von akustischen Instrumenten bis hin zu Elektrogitarren und exotischen Dingen.
Foto: Nathan Murrell

Ich mag am Gitarrenbau, dass man im Gegensatz zum Industriedesign nichts mit Marketing-Abteilungen, fiktiven Nutzergruppen und solchen Dingen zu tun hat. Baue ich ein Instrument, habe ich einen Menschen mit einem Bündel an Wünschen mir gegenüber. Dieses Gegenüber kommt zu mir, will mit mir über die Gitarre reden, will darüber sprechen, wie er spielen möchte, interessiert sich für den Prozess, das Holz etc. Man kann das als einen intimen Vorgang bezeichnen.

Klar ist ein Instrument auch ein Werkzeug, dennoch kommt es zu einer Symbiose zwischen dem Objekt und demjenigen, der darauf spielt. Das Ganze muss zu einer Einheit werden. Das schafft man im Industriedesign mit keinem Häferl oder Kochlöffel, am ehesten noch mit einer Beinprothese. Solche haben wir im Studio übrigens auch schon entwickelt.

Trennungsschmerz verspüre ich nach der Fertigstellung eines Instrumentes keinen. Allein deshalb, weil ich Linkshänder bin und bisher nur Instrumente für Rechtshänder gebaut habe. Außerdem ist es ein großes und spannendes Glücksgefühl, den Besitzer einer neuen Gitarre spielen zu hören und zu sehen. Darum finde ich es auch schade, wenn ich ein Instrument verschicken muss." (Michael Hausenblas, Rondo, 12.7.2019)

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