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Eine der großen Ungerechtigkeiten dieser Welt ist, dass Mutter Natur uns Frauen zwingt, rechtzeitig in die Gänge zu kommen. Grundsätzlicher Kinderwunsch, das bedeutet: Ab einem Alter von plus/minus 36 tickt die Uhr. Manche von uns hören sie wie eine Zeitbombe. Endlich läuft's mit der Karriere. Das Private ist noch als Versuchsstation angelegt. Wo soll ich jetzt, denken viele, schwuppdiwupp den EINEN, also den guten und bereiten Mann, für das Megaprojekt Kleinfamilie finden?

Das sind komplexe Sachverhalte. Irgendwie verständlich, dass sich patente Enddreißigerinnen ab und zu mit ein paar gepflegten Whiskey Sours ins Vergessen trinken. Meine Freundin Rita war so eine – bis zu jener Nacht, als ER am Tresen ihrer Absturzbar stand, und seitdem ist alles anders.

Adieu, Schmerz

Auf den berühmten letzten Drücker erledigte Rita, woran viele jahrelang basteln, ohne zu einem brauchbaren Ergebnis zu gelangen: Blitzhochzeit in Venedig, mit super Brautkleid und meterlangem, im Wind wehendem Schleier. Übersiedlung in eine gemeinsame Maisonettewohnung. Elf Monate später kam auch noch ein süßer kleiner Bub zur Welt.

Das Ganze ist nun zwei Jahre her. Rita, die gerade wieder in ihren Beruf einsteigt, sagt bei einem gemeinsamen Mittagessen, sie könnte nicht glücklicher sein. Und dann sagt sie, über ihren Teller gebeugt: "Einerseits."

Denn da gebe es auch dieses Andererseits, flüstert sie: "Ich lerne immer noch, das auszuhalten, so rundum zufrieden zu sein. Das Drama war auch ein starker Motor in meinem Leben. Frei nach dem Motto: Lernen und wachsen durch Schmerz."

Ein bekanntes Phänomen – egal in welcher Lebensphase: Endlich hat man den neuen Vertrag, die perfekten Jeans, und kraulen kann man seit neuestem auch. Und jetzt?

Happinessstrategien

Parkstrafen, Wasserrohrbrüche, halbherzige Absagen im letzten Moment – das haut uns nach all den Jahren nicht mehr vom Hocker. Aber so ein knuffeliges, softeisfarbenes Glück?

"Ich hole mir die nötige Reibung jetzt einfach im Job", sagt meine Freundin. "Oder durch Schlafmangel. Wenn ich zu wenig schlafe, fühle ich mich plötzlich wieder ganz aufgekratzt. Das ist manchmal ein spannender Gegensatz zu dieser süßen Jumbopackung Glück."

Ja, so könnte es funktionieren: Kaum hat man ein erfülltes Privatleben, brüllt man vielleicht einfach mal die E-Scooter-Fahrerin auf dem Gehsteig an.
(Ela Angerer, RONDO, 15.7.2019)