Die NGOs haben einige entwicklungspolitische Empfehlungen für Kanzlerin Brigitte Bierlein präsentiert

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Heimische Nichtregierungsorganisationen (NGOs) forderten am Mittwoch von der Regierung mehr Engagement in der Entwicklungspolitik. Die Kürzung der Mittel durch die türkis-blaue Regierung für Entwicklungszusammenarbeit kritisierten sie erneut scharf – Hoffnung setzen sie nun in die Übergangsregierung.

"Leider haben wir feststellen müssen, dass die Leistungen Österreichs in der Entwicklungszusammenarbeit abgesagt sind", sagte Annelies Vilim, Geschäftsführerin des entwicklungspolitischen Dachverbandes AG Globale Verantwortung mit Verweis auf die Reduktion des Auslandskatastrophenfonds (AKF) von 0,3 auf 0,26 Prozent des Bruttonationaleinkommens durch die türkis-blaue Koalition. Für die Regierung von Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein gab Vilim "leicht und ohne Geld" durchsetzbare Empfehlungen ab und zeigte sich zuversichtlich: Die Kanzlerin hätte Dialogbereitschaft signalisiert.

Anhebung des Entwicklungsbudgets

Die konkreten Anliegen der NGOs fasste Vilim bei der gemeinsamen Pressekonferenz in Wien mit österreichischen Vertretern von den Hilfsorganisationen Rotes Kreuz, CARE und Licht für die Welt zusammen: Größeres politisches Commitment bei der Umsetzung der "Agenda 2030", die Ausschöpfung der Gelder für Entwicklungszusammenarbeit sowie einen Stufenplan zur Anhebung des Entwicklungsbudgets von 0,26 Prozent auf das UNO-Ziel 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens. Auf diese Maßnahmen könnte die Nachfolgeregierung aufbauen, sagte Vilim.

Investitionen in Katastrophenvorsorge gefordert

Nach Ansicht von Michael Opriesnig, Generalsekretär Rotes Kreuz in Österreich, müsse "dringend in Katastrophenvorsorge investiert" werden. Opriesnig hob dabei auch die Klimaproblematik, die vor allem arme, strukturschwache und konfliktreiche Länder treffe, hervor: Zwei Milliarden Menschen seien im Vorjahr vom Klimawandel betroffen gewesen. Dass Österreich 2018 23 Mio. Euro für humanitäre Hilfe – 20 Millionen aus dem AKF – bereitgestellt hatte, bezeichnete Opriesnig als positiv, im internationalen Vergleich sei es jedoch eine "lächerliche Summe": Die Niederlande hätten 245 Millionen Euro im Topf, Schweden sogar 434 Millionen Euro.

"Alle wahlwerbende Parteien" rief der Rote-Kreuz-Generalsekretär auf, 60 Millionen Euro in ihre Wahlprogramme zu schreiben. In Richtung Übergangsregierung appelliert Opriesnig, die "restlichen Gelder" aus dem AKF freizugeben – bisher seien aus dem mit 15 Millionen budgetierten AKF nur sieben Millionen verbraucht worden.

CARE will stärkeren Fokus auf Afrika

Mehr Augenmerk auf Afrika forderte Andrea Barschdorf-Hager, Geschäftsführerin von CARE Österreich. "Wir tendieren dazu, Afrika ein bisschen als Land zu betrachten", sagte Barschdorf-Hager und fügte hinzu: "Wir sprechen von 55 Staaten, wir sprechen von 1,3 Milliarden Menschen." Auf dem Kontinent mit den "größten Gegensätzen" befänden sich "die 20 meist wachsenden Volkswirtschaften" der Welt. Die CARE-Vertreterin plädierte auch mit Blick auf den Klimawandel, mehr in die Widerstandsfähigkeit der Menschen vor Ort zu investieren.

"Es gibt einen Masterplan", an dem habe Österreich mitgearbeitet und sich zur Umsetzung verpflichtet, betonte Sabine Prenn, Geschäftsführerin von Licht für die Welt. Doch von der Umsetzung der 17 Ziele der "Agenda 2030" sei "bis jetzt noch wenig zu merken". Laut Prenn fehle Österreich eine Gesamtstrategie – ein erster Schritt könnte sein, die interministerielle Arbeitsgruppe, die sich um das Thema kümmert, mit einem Mandat auszustatten. (APA, 10.7. 2019)