Björn Höcke sorgt wieder mal für Zoff in der AfD.

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"Deutsche Entwicklungspolitik ist unglaubwürdig": So lautete am Mittwoch die Kritik der AfD im Bundestag. Gekümmert hat das allerdings niemanden. Von viel größerem Interesse ist der parteiinterne Machtkampf, der gerade eskaliert.

Im Zentrum steht der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke, der die Rechts-außen-Gruppierung "Der Flügel" anführt und Idol jener ist, die von einem ausländerfreien Deutschland träumen. Vom Verfassungsschutz wird die Vereinigung als "Prüffall" geführt, es gibt Verdacht auf eine "extremistische Bewegung".

Höcke mehrte seinen Einfluss in der AfD in den vergangenen Jahren von Erfurt aus; in Berlin ist er selten, im Bundesvorstand der Partei gar nicht vertreten. Am Wochenende aber machte er beim sogenannten Kyffhäuser-Treffen des "Flügels" deutlich, dass er gegen die vergleichsweise Gemäßigten in der Parteispitze vorgehen wolle.

Nach den Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen (1. September) und Thüringen (27. Oktober) werde er sich "mit großer Hingabe" der Neuwahl des Bundesvorstands widmen. "Ich kann euch garantieren, dass dieser Bundesvorstand in dieser Zusammensetzung nicht wiedergewählt wird", verkündete er seinen Anhängern.

Das geht den Höcke-Gegnern allerdings zu weit. 100 Funktionäre werben nun für eine "geeinte und starke" AfD. "Mit seiner Rede beim Kyffhäuser-Treffen hat Björn Höcke die innerparteiliche Solidarität verletzt und ist damit unseren Wahlkämpfern und Mitgliedern in den Rücken gefallen", heißt es in einem Schreiben, das auch Bundesschatzmeister Klaus Fohrmann und die Parteivizes Albrecht Glaser, Kay Gottschalk sowie Georg Pazderski unterzeichnet haben.

Gauland macht nicht mit

Sie stellen auch klar: "Die AfD ist und wird keine Björn-Höcke-Partei." Abgelehnt wird zudem der "exzessiv zur Schau gestellte Personenkult" um Höcke. Der hatte am Samstag "Flügel"-Abzeichen für treue Dienste verliehen.

Nicht unterzeichnet haben die Parteichefs Alexander Gauland und Jörg Meuthen. Gauland, der lange seine schützende Hand über Höcke hielt, findet sowohl dessen Auftritt vom Wochenende als auch den Widerstand gegen Höcke für "unangebracht". Meuthen zeigt für die Höcke-Gegner Verständnis und sagt: "Dieser Aufruf wundert mich nicht, denn der Unmut und die massive Kritik über das Auftreten und manche Äußerungen des thüringischen Landesvorsitzenden sind in der Partei sehr vernehmlich."

Auch in den Landesverbänden sorgen Höcke-Getreue derzeit für Aufsehen. In Schleswig-Holstein wurde Doris von Sayn-Wittgenstein zur Landeschefin gewählt, obwohl der Bundesvorstand sie wegen ihrer Nähe zu Rechtsextremen ausschließen will. In Bayern haben mehrere Landtagsabgeordnete Fraktionschefin Kathrin Ebner-Steiner – ebenfalls eine "Flügel"-Frau – wegen der Veröffentlichung interner Mails angezeigt.

Und im größten Landesverband Nordrhein-Westfalen wird der Vorstand nach dem Rücktritt von neun Mitgliedern jetzt nur noch von drei Personen geführt. Der "Chef", Thomas Röckemann, ist ein Sympathisant Höckes. (Birgit Baumann aus Berlin, 10.7.2019)