Nicht einmal im Meer ist man vor der Lichtverschmutzung sicher.
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Paris – Die Lichtverschmutzung des Himmels durch künstliche Beleuchtung ist ein wachsendes Problem. Einige Folgerscheinungen leuchten unmittelbar ein – etwa dass Sternwarten in Stadtgebieten nur noch eine stark eingeschränkte Sicht haben oder dass Fluginsekten und Zugvögel in ihrer Navigation gestört werden. Andere Folgen klingen auf den ersten Blick überraschend – wie die, von der nun Forscher der Flinders-Universität im australischen Adelaide berichten.

Das Forscherteam stellte nämlich fest, dass die Lichtverschmutzung sogar Meeresbewohner betreffen kann. Demnach könnte die zunehmende Nachthelligkeit in den Meeresriffen die Fortpflanzungsraten stark beeinträchtigen, wie ein Experiment mit Clownfischen – allgemein bekannt geworden durch den Film "Findet Nemo" – nahelegt.

Erhellender Unterschied

Für ihr Experiment ließen die Wissenschafter zehn Fischpaare in zwei getrennten Aquarien Nachwuchs zeugen und ausbrüten. Bei fünf Pärchen blieb es nachts dunkel, die anderen wurden in den Nachtstunden einer moderaten Helligkeit von 25 bis 28 Lux ausgesetzt, was die Lichtverhältnisse besiedelter Küstenregionen simulieren sollte.

Die Tiere und ihr Laich zeigten zunächst in beiden Gruppen keine Auffälligkeiten. Während aber in dem Aquarium mit normalem Tag-Nacht-Rhythmus am achten Abend der Nachwuchs schlüpfte, tat sich bei dem auch nachts beleuchteten Aquarium nichts.

Das Licht der Öffentlichkeit gescheut

"Unsere Ergebnisse legen nahe, dass Dunkelheit ein natürliches Signal zum Schlüpfen ist", sagte Emily Fobert, die Co-Autorin der Studie. Hintergrund ist vermutlich, dass die Überlebenschancen der Babyfische in den ersten Stunden steigen, wenn sie im Schutz der Dunkelheit von Fressfeinden nicht gesehen werden.

"Ich war überrascht, so deutliche Ergebnisse zu erhalten", sagte Fobert. Das Funktionieren der meisten natürlichen Systeme stützte sich auf helle Tage und dunkle Nächte. "Aber künstliches Licht bei Nacht kann diese natürlichen Lichtrhythmen überdecken und in das Verhalten und in die Physiologie individueller Organismen eingreifen", so Fobert.

Weite Küstenteile betroffen

Rund 23 Prozent der Landmasse – die Pole ausgenommen – sind bei Nacht künstlichem Licht ausgesetzt. Bisher hat sich die Forschung vor allem auf die Auswirkungen auf Landbewohner konzentriert. Doch Fobert zufolge strahlt auch in mehr als einem Fünftel der Küstenregionen nachts künstliches Licht. Meeresbewohner seien deshalb etwa den LED-Lichtern von Städten, Hafenbeleuchtungen und den Lichtern von Kreuzfahrtschiffen ausgesetzt.

Ungeachtet dieser Ergebnisse können auch in lichtbelasteten Küstenregionen Clownfische gefunden werden. Denn anders als der bekannte Animationsfilm "Findet Nemo" nahelegt, verbleibt der Nachwuchs nach dem Schlüpfen nicht in der schützenden Anemone, wo die Eltern wohnen. Vielmehr wandern die Babyfische bis zu mehrere hundert Kilometer, bevor sie sich niederlassen. Sollten sie sich für ein Leben in Küstennähe entscheiden, könnte der Studie zufolge aber eine spätere Fortpflanzung scheitern. (APA, red, 11. 7. 2019)