Der Zugang zur kardiologischen Abteilung im Wiener SMZ Süd, wo am Mittwochvormittag ein Patient mit einem Messer einen Oberarzt attackierte und schwer verletzte.

Foto: APA/Pfarrhofer

Ein Patient hat am Mittwochvormittag einen Arzt in der Herzambulanz des Wiener Sozialmedizinischen Zentrums Süd (SMZ) – früher: Kaiser-Franz-Josef-Spital – niedergestochen. Der 33-jährige Mann aus Sierra Leone, der in der Ambulanz auf den 64-jährigen Oberarzt gewartet hatte, rammte diesem ein Messer in den Bauch, wodurch der Mediziner lebensgefährliche Verletzungen erlitt.

Der mutmaßliche Täter wurde danach am Tatort festgenommen. "Er hat sich hingesetzt und auf die Polizei gewartet", berichtete Polizeisprecher Paul Eidenberger. Der Messerangriff auf den Mediziner habe sich vor zahlreichen geschockten Augenzeugen im Wartebereich der Herzambulanz abgespielt, die zum Tatzeitpunkt stark frequentiert war.

Knapp vor der Pension

Beim Opfer des Messerangriffs handelt es sich um einen Oberarzt für Kardiologie. Der Mediziner soll sich kurz vor seiner Pensionierung befinden. Im SMZ Süd in Wien-Favoriten zeigte man sich bestürzt und betroffen. "Ich bin schockiert über den Angriff auf unseren Kollegen", meinte die Ärztliche Direktorin des Spitals, Michaela Riegler-Keil. Auch der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) zeigte sich erschüttert. "Das Allerwichtigste ist, dass die Operation des verletzten Arztes gut verlaufen ist", so Hacker.

Das Motiv war zunächst unklar. Der Angreifer sei auf der Kardiologischen Abteilung des SMZ Süd von dem Arzt behandelt worden, gab der Krankenanstaltenverbund (KAV) bekannt. Der 33-Jährige wurde dabei auch einem operativen Eingriff unterzogen. Ob und inwieweit das nunmehrige Opfer der Messerattacke in die Operation einbezogen war, war vorerst noch unklar. Der Mann aus Sierra Leone, der schon längere Zeit als anerkannter Flüchtling in Österreich lebt, hatte Mittwoch jedenfalls keinen Spitalstermin.

Polizeistreife und Überwachungskameras

Die Attacke in der Ambulanz facht auch wieder die Debatte über Sicherheitsmaßnahmen in Spitälern an. Dass es zunehmende Probleme mit aggressiven Patienten gibt, ist unbestritten. Auf dem Gelände des SMZ Süd und auch im Wilhelminenspital in Wien-Ottakring wurde deswegen vor rund einem Jahr der Streifendienst der Polizei verstärkt. Beamte sind regelmäßig zu Fuß unterwegs, sie sollen kritische Situationen schnell entschärfen. Im Wilhelminenspital wurde inzwischen auch die Überwachung mit Kameras ausgebaut.

Der Wiener Krankenanstaltenverbund bietet zudem seit einigen Jahren ein Deeskalationstraining für das Krankenhauspersonal an. Mehr als drei Viertel der Mitarbeiter der Wiener Gesundheitseinrichtungen gaben in einer Erhebung im Jahr 2010 an, schon einmal verbal angegriffen worden zu sein. 44 Prozent hatten tätliche Übergriffe im Beruf erlebt. Derzeit bereitet der KAV eine neue Erhebung über die Situation in Krankenhäusern vor.

Verhaltensregeln in der Steiermark

Probleme mit aggressiven Patienten gibt es auch in den Bundesländern. Der Gesundheitsfonds Steiermark hat darauf mit Kommunikationskarten und Plakaten reagiert, auf denen Patienten und Begleitpersonen in Ambulanzen über angemessenes Verhalten informiert werden. In den Anweisungen heißt es unter anderem "Halten Sie Ihre Termine ein", "Wer zuerst Hilfe braucht, bekommt zuerst Hilfe", "Nur eine Begleitperson pro Patient" oder "Frauen und Männer sind gleichwertig: Es gibt keinen Anspruch, nur von einer Frau oder einem Mann behandelt und beraten zu werden". Diese Verhaltensregeln liegen in zwanzig Sprachen auf.

300 zusätzliche Fachärzte gefordert

Auch die Wiener Ärztekammer spricht von steigenden Übergriffen auf Spitalsärzte und das Pflegepersonal. Oft seien lange Wartezeiten Auslöser für Konflikte. Wolfgang Weismüller, Vizepräsident der Wiener Ärztekammer, fordert deshalb 300 zusätzliche Spitalsfachärzte, um Wartezeiten in Ambulanzen zu verkürzen. (APA, simo, spri, 10.7.2019)