Geht ohne Groll: Neos-Mandatarin Irmgard Griss.

Foto: Heribert Corn

Wien – Auf die Leitung der Untersuchungskommission zur Hypo Alpe Adria folgte eine äußerst erfolgreiche Kandidatur für das höchste Amt im Staat. Bundespräsidentin ist Irmgard Griss dann doch nicht geworden, aber der Grundstein für eine politische Karriere war für die ehemalige Höchstrichterin gelegt: Über eine Wahlallianz saß sie zwei Jahre für die Neos im Nationalrat. Damit soll nach der Nationalratswahl im Herbst Schluss sein – deshalb gibt Griss bereits Abschiedsinterviews, vor kurzem im STANDARD, jetzt auch in der ORF-Nachrichtensendung "ZiB 2".

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Dort erklärte sie ihren Rückzug mit privaten Gründen, sie wolle mehr Zeit mit ihrer Familie verbringen. Dem STANDARD verriet die passionierte Leserin zuvor bereits: Es gebe noch so viele Bücher, die auf sie warten. Jedenfalls sei nichts passiert, "dass ich sagen würd', ich will das auf gar keinen Fall weitermachen".

Kein Comeback als Ministerin

Ob sie eventuell als Ministerin im Fall einer pinken Regierungsbeteiligung zurückkommen würde? Vehementes Dementi. Die Frage stelle sich nicht. Das sei "völlig unrealistisch" – "ich könnt's mir auch gar nicht vorstellen", erklärte Griss. Und wem das noch immer zu vage war: "Ich werde auch nicht zur Verfügung stehen, aber die Frage wird sich gar nicht stellen."

Lob gab es für den erfolgreichen Mitbewerber im Rennen um die Hofburg. Alexander Van der Bellen habe seinen Job als Bundespräsident im Zuge der Ibiza-Krise "sehr gut gemeistert", findet Griss. Und auch die neue Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein mache ihre Arbeit "ganz hervorragend". Griss empfindet die Bestellung der früheren Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs als "Vertrauensbeweis" und "Auszeichnung" für "alle Höchstrichter und Gerichte". Es sei "ein gutes Zeichen, dass es bei uns möglich ist, die Geschäfte der Regierung ohne große Aufregung zu führen". Dass sie selbst den Misstrauensantrag gegen die türkis-blaue Vorgängerregierung nicht unterstützt hat, findet die 72-Jährige trotzdem stimmig.

Was ihr einstiges Zitat anlangt, dass ein politisches Engagement die Gefahr berge, die hehren eigenen Ziele zu kontaminieren – hier schritt Griss zur Relativierung. Sie selbst habe im Nationalrat "immer so abgestimmt, wie ich das vor mir vertreten konnte". Wie günstig, dass ihre Vorstellungen von guter Politik "in den meisten Fällen" mit der Politik der Neos übereinstimmten.

"Missverständnis"

Zum Schluss der "ZiB" stand das heikle Thema Parteienfinanzierung an. Erneut argumentierte Griss, die Annahme, dass sich Großspender Politik kaufen könnten, beruhe ihrer Ansicht nach auf einem "Missverständnis". Gewählt werden müssten Parteien ja immer noch von den Wählerinnen und Wählern, "nicht nur von demjenigen, der 100.000 Euro gibt". Und die Wähler könnten sich, wenn sie wie von Griss gewünscht über die Zuwendungen an Parteien im Sinne größtmöglicher Transparenz Bescheid wissen, ja dagegen entscheiden, eine bestimmte Partei mit einem oder mehreren Großspendern im Hintergrund zu wählen.

Sie jedenfalls werde bei der Wahl im Herbst "höchstwahrscheinlich" Neos wählen. (red, 11.7.2019)