Schon die Sockel allein speichern für Nikita Kadan ein historisches Wissen – nicht nur die politischen Statuen, die einst darauf standen.

Foto: Mumok / Klaus Pichler

Drei große graue Klötze stehen im Keller des Mumok herum: aufwendig und fantasievoll ineinander verschachtelte Kubaturen aus Schrägen, Treppchen, Podesten, Durchlässen. Sie sehen aus, als hätte jemand beim Sandburgbauen groß aufgetrumpft. Eines der Gebilde streift fast an der Decke.

Was hier wie ein modernistisches Spiel mit Formen scheint, war früher einmal von heiligem Ernst getragen. Die mit körnigem Beton überzogenen Holzkonstruktionen sind allesamt Nachbauten monumentaler Sockel. Der Propagandaarchitekt Iwan Kawaleridze hat sie in den 1920ern entworfen, um den russischen Revolutionären Artjom und Taras Schewtschenko zu huldigen. Die überlebensgroßen Statuen darauf reckten triumphierend die Faust.

Zerstörte Denkmäler

Project of Ruins heißt die Ausstellung des ukrainischen Künstlers Nikita Kadan (38) folgerichtig. Nicht nur weil der Kommunismus Geschichte ist, auch den Monumenten jener Zeit ist es in den meisten Fällen an den Kragen gegangen. Manche wurden von den Nazis zerstört, andere nach dem Ende der Sowjetunion und weitere erst vor einigen Jahren infolge des Dekommunisierungsgesetzes. Der jüngst abgewählte Präsident Petro Poroschenko ging damit 2015 gegen öffentliche kommunistische Symbole vor.

Project of Ruins spielt zudem auf den Krieg in der Ostukraine an. Bilder von Häuserruinen, Schutthaufen, Kleiderfetzen und Einschusslöchern hat Kadan selbst 2014 und 2015 bei Reisen durch den Donbass aufgenommen.

Keine Parolen, dafür Fragezeichen

All das bringt man nicht so leicht auf einen Nenner. Es geht bei Kadan jedenfalls um den oft wenig differenzierten Umgang seiner Heimat mit ihrer Geschichte, um Verdrängung und Utopien.

Plakative Parolen hört man hier keine. Scheinbar greifbarer wird manches, wenn man die Kaffeetassen aus dem Kriegsgebiet im Osten erblickt, die Kadan auf ein weiteres Revolutionsdenkmal postiert. Da fallen Vergangenheit und Gegenwart zusammen. Ein starkes Bild für das wiederholte Scheitern in der Geschichte. (wurm, 11.7.2019)