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Sammeln, um die vielen Wohnsitze zu dekorieren: Das entscheidende Kriterium für Heidi Hortens Sammlungstätigkeit war Gefälligkeit.

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Hortens Lieblingsbild: Marc Chagalls "Les Amoureux".

Foto: Courtesy Heidi Horten Collection

Ein Warhol in Hortens Sammlung.

Foto: The Andy Warhol Foundation for the Visual Arts, Inc. / Licensed by Bildrecht, Wien, 2017

Roy Lichtenstein ist auch in der 700 Werke starken Sammlung vertreten.

Foto: Courtesy Heidi Horten Collection

Jean-Michel Basquiat darf auch nicht fehlen.

Foto: Courtesy Heidi Horten Collection

Half beim Zusammenstellen der Sammlung und wird künftig das Privatmuseum leiten: Agnes Husslein.

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Die Kunde über Heidi Hortens geplantes Privatmuseum, für das die Milliardärin jüngst ein "Innenstadtpalais" erwarb, schürt Erwartungen. Manche werden sich erfüllen, andere nicht.

Der Lokalaugenschein im Hof des Gründerzeitbaus Ecke Goethe- und Hanuschgasse fällt vorerst ernüchternd aus. Die umliegenden, von Autostellplätzen gesäumten Gebäude überragen das dreigeschossige "Stöckl", Sonnenlicht scheint rar. Eine Ansammlung von Baucontainern und ein Baugerüst zeugen von einem Dachbodenausbau, dessen Fertigstellung sich seit Monaten verzögert.

Einst lebten und dienten hier die Beamten der in der Albertina gegenüber residierenden Erzherzöge. Der letzte, Friedrich von Österreich-Teschen, ließ 1914 zusätzlich jenes Kanzleigebäude errichten, für das Horten nun etwa 30 Millionen Euro springen ließ.

Der kleine Vorplatz soll künftig zu einer Art Skulpturengarten umfunktioniert werden. Skulpturen und Plastiken gibt es in der Horten Collection einige: Große Bronzen von Francois-Xavier und Claude Lalanne, Mimmo Paladino oder Werke von Antony Gormley und Niki de Saint Phalle, solche von Alexander Calder, Keith Haring und Robert Rauschenberg nicht zu vergessen.

Bekannte Namen, die hierzulande zwar über den Kunsthandel oder temporäre Ausstellungen geläufig sind, die man jedoch in öffentlichen Sammlungen vergeblich suchen wird. Das trifft übrigens auf einige "Künstlermarken" zu, die in der Sammlung vertreten sind. Bislang bekam die Öffentlichkeit nur ein Viertel der rund 700 Exponate zu sehen, die laut offiziellen Angaben "einen repräsentativen Querschnitt der internationalen Kunstgeschichte von der klassischen Moderne bis zur Gegenwart" bieten.

Hortens Lieblingsbild

Aus jedem Dorf ein Hund könnte man sagen, von internationalem Rang und Namen immerhin. Zu den Schwerpunkten gehören deutscher Expressionismus (u.a. Kirchner, Heckel, Nolde), Abstraktion (u.a. Twombly, Rothko) oder amerikanische Pop-Art (Warhol, Lichtenstein, Basquiat). Ergänzt um Werke von Francis Bacon, Fernand Leger, Yves Klein oder Lucio Fontana. Dazu Paul Signac, Pablo Picasso oder Claude Monet. Georg Baselitz, Gerhard Richter und Damien Hirst dürfen bei diesem Namedropping nicht unerwähnt bleiben und schon gar nicht Marc Chagall.

Letzterer schon Les Amoureux wegen, jenes Gemälde, das der französische Künstler russischer Herkunft 1916 seiner Jugendliebe widmete. Es ist Heidi Hortens Lieblingsbild. 1996 ersteigerte es Agnes Husslein, damals Geschäftsführerin von Sotheby’s Österreich, für rund drei Millionen Pfund.

Der gemeinsame Nenner all der seit Mitte der 1990er-Jahre von der Milliardärin erworbenen Kunstwerke: Sie wurden zum Zwecke der Dekoration diverser Wohnsitze gekauft. Ein entscheidendes Kriterium war die Gefälligkeit: "Ich habe immer nur das gekauft, was mich erfreut, wenn ich es täglich um mich habe", hatte sie 2018 in einem Interview betont.

Neid hiesiger Direktoren

Um den Aufbau einer Sammlung, die museale Ansprüche erfüllt, war es ihr wohl nie gegangen. Der Qualität tat das teils keinen Abbruch und manches Werk könnte auch den Neid von Museumsdirektoren wecken. Von hiesigen jedenfalls, auf internationale Ebene wirkt vieles dann doch beliebig. Das führte das Defilee der rund 170 Exponate im Leopold Museum vor Augen, das Assoziationen zu Auktionspreviews in London oder New York weckte: Eine Melange aus Highlights für eine prestigeträchtige Abendauktion und Ware für die "Day Sales", bei denen der Handel sein Warenlager aufzustocken pflegt.

Für Agnes Husslein handelt es sich "um eine der bedeutendsten europäischen Privatsammlungen". Ein eindeutiges Prädikat, nur für den unwahrscheinlichen Fall, dass je Zweifel an ihrer Kompetenz aufkämen. Schließlich hatte sie ihre Klientin und Freundin doch all die Jahre bei den Ankäufen beraten. Husslein bemüht gerne den Superlativ. Deshalb auch Wow!, der Ausruf der Anerkennung, der im Ausstellungstitel vergangenes Jahr unverblümt um Beifall gierte.

Kostspieliges Vergnügen

Mit 360.000 gezählten Besuchern bescherte sie, wie mehrfach berichtet, dem Leopold Museum einen Rekord. Ein so konkret bezifferbares Interesse schmeichelte freilich: sowohl der Milliardärin, als auch Husslein, die das Privatmuseum künftig leiten wird. Läuft alles nach Plan, dann soll es Anfang 2022 eröffnet werden.

Wie viel die Mäzenin Horten in ihren öffentlich zugänglichen Showroom zu investieren gedenkt, ist unbekannt. Sieht man vom geplanten Umbau des "Stöckls" ab, an dem bereits drei ausgewählte Architekturbüros tüfteln, bedarf es eines jährlichen Budgets für Personal und den Ausstellungsbetrieb. Denn wirtschaftlich überlebensfähig ist der Betrieb solcher Privatmuseen nie. Davon weiß Karl-Heinz Essl ein beispielhaftes Lied zu trällern.

Um neben Städtetouristen auch Kulturinteressierte lokaler Herkunft zu locken, wird es also Wechselausstellungen geben müssen, da sich eine statische Permanentschau schnell totliefe. Ein Programm ist noch nicht bekannt, aber wer Agnes Husslein kennt, weiß, als Museumsdirektorin ist ihr das Klotzen sehr viel näher als schnödes Kleckern.

Subventionen ja oder nein?

Ob dabei öffentliche Subventionen eine Rolle spielen werden? Eher nein, falls doch, wären ihre guten Verbindungen in die Politik vermutlich von Vorteil. Für die ÖVP verhandelte Husslein zuletzt das Regierungsprogramm im Bereich Kunst-Kultur und zwei ihrer ehemals engen Mitarbeiter aus Belvedere-Zeiten sind im Kabinett des Kulturministeriums tätig. Über das Ticket des Finanzministeriums kam Husslein Anfang 2017 in den Vorstand der LM-Privatstiftung. Eine Funktion, die im zweiten Halbjahr 2021 ausläuft, womit sich ein etwaiger Interessenskonflikt zu ihrer künftigen Rolle automatisch erledigt.

An Geld sollte es bei dem Privatmuseum einer Milliardärin (Hortens Vermögen wird von Forbes auf aktuell 3,1 Milliarden Dollar geschätzt) ja eher nicht mangeln. Und genau hier lauert ein Schwachpunkt, den Heidi Horten seit Jahren nicht zu kommentieren pflegt.

Denn die Basis ihres Vermögens liegt in der NS-Arisierungspolitik, dank der ihr erster Ehemann Helmut Horten (1909-1987) zum Kaufhausmagnaten aufstieg und der auch als Steuerflüchtling Karriere machte. 1969 hatte er eine Lücke im deutschen Steuergesetz genutzt, durch die den deutschen Behörden stattliche 450 Millionen Mark entgingen.

Das kann man angesichts der künftig öffentlich zur Schau gestellten Kunstwerke natürlich ignorieren, nicht allen Besuchern wird das allerdings gelingen. (Olga Kronsteiner, 13.7.2019)