Es war das Jahr 2015 – und es schallte vorbildlich aus den heimischen Fernsehgeräten: "Ein guter Grund für Artenschutz sind wir alle groß und klein, sind Tiere und auch Pflanzen futsch, dann wird der Mensch der Nächste sein." Diese Zeilen markierten den Start der Privatstiftung "Blühendes Österreich" und ihrer Kampagne.

Vor mittlerweile vier Jahren hat die Rewe-Gruppe (Konzernmutter von Merkur, Billa, Bipa, Penny und Adeg) den Kampf gegen das Artensterben und für den Umweltschutz für sich entdeckt und verspricht, mit der Initiative dazu einen großen Beitrag zu leisten. Das Konzept: Bei jedem Kauf eines ausgewählten Produkts spendet der Konzern je einen Cent an "Blühendes Österreich". Damit kommen jährlich rund eine Million Euro für Projekte zusammen.

Der Marktführer Rewe machte 2018 im Lebensmitteleinzelhandel einen Umsatz von 7,68 Milliarden Euro, aber nur 0,13 Promille davon gehen an die Initiative mit dem Schmetterling im Logo. Über die Werbekosten für "Blühendes Österreich" wollte das Unternehmen auf Anfrage des STANDARD keine Auskunft geben.

Spritzmittel im konventionellen Anbau können die Artenvielfalt reduzieren.
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Konventionelle Lebensmittel tragen Mitschuld am Artensterben

Finanziert wurde bislang unter anderem eine Schmetterlingsvolkszählung mittels App, um damit eine Steigerung des Bewusstseins für die Falter zu erzielen. Denn mehr als die Hälfte aller Falterarten werden mittlerweile als gefährdet eingestuft. Bloß: Dort, wo der Impact am größten wäre, also im Sortiment der Märkte, spiegeln sich diese Bemühungen kaum wider. Bei Billa und Merkur liegt der Bioanteil im Lebensmittelbereich laut Rewe bei 15 bzw. 17 Prozent.

Dabei hat die Wissenschaft die wirksamen Hebel für die blühende Vielfalt längst gefunden: Es müsste wesentlich mehr Ware aus biologischer Landwirtschaft in die Regale, denn die konventionelle Produktion ist mitschuldig am Artensterben: Pestizide (töten Insekten) und Herbizide (töten Pflanzen) sind dort weiter im Einsatz und belasten die Umwelt.

Rewe verweist auf Vorreiterrolle

Die Rewe-Gruppe verweist auf STANDARD-Anfrage auf die Vorreiterrolle bei der Biomarke "Ja! Natürlich" und das "Pestizidreduktionsprogramm", das seit 2002 gemeinsam mit Global 2000 umgesetzt wird. Das Programm hat zum Ziel, Rückstände chemisch-synthetischer Spritzmittel auf Lebensmitteln zu verringern. Ein Rückschluss auf eine tatsächliche Reduktion beim Einsatz von Pestiziden ist nicht möglich.

Im Jahr 2017 wurden 1612 Proben von mehr als hundert konventionellen Risikoartikeln (Frischobst und Gemüse) auf Pestizidrückstände untersucht und bewertet – davon stammten etwa 40 Prozent aus Österreich. Das Ergebnis: Drei Viertel der Proben waren mit Rückständen oberhalb der Nachweisgrenze belastet, bei elf Proben wurde sogar der gesetzliche Höchstwert überschritten. Die Produkte mussten aus dem Verkehr gezogen werden. (Nikolai Atefie, 14.7.2019)