Die niederösterreichische Landeschefin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) übernimmt von Peter Kaiser.

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Wien/St. Pölten – Für das zweite Halbjahr 2019 hat Niederösterreich am 1. Juli formal den Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz von Kärnten übernommen. Zur offiziellen Staffelübergabe fanden sich Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) und die niederösterreichische Landeschefin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) am Freitag gemeinsam mit Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein im Wiener Palais Niederösterreich ein.

Gastgeberin Mikl-Leitner nahm in ihrer Ansprache im Rahmen des Festakts eine Bestandsanalyse des politischen Geschehens auf Bundesebene vor. "Wir befinden uns in einem historischen Zeitabschnitt", befand sie angesichts der "ersten Regierung ohne Mehrheit im Parlament". Diese lege zwar "sehr viel Engagement" und "Verantwortung für die entsprechenden Ressorts" an den Tag, dennoch seien die "Gestaltungsmöglichkeiten wegen der fehlenden Mehrheit begrenzt".

Einiges aus der Spur im Bund

"Bundespolitisch ist einiges aus der Spur gekommen", resümierte Niederösterreichs Landeschefin. "Umso wichtiger ist, dass wir in den Ländern Kurs halten", betonte Mikl-Leitner. Die Bundesländer bezeichnete sie als "Hort der Stabilität, Garant der Sicherheit und Motor der Weiterentwicklung". Die Landeshauptleutekonferenz im Speziellen sei ein "wunderbarer, gelungener Ausdruck des Föderalismus in der Republik", hob die Landeshauptfrau hervor.

Während ihres Vorsitzes wolle sie einerseits den von Kaiser eingeschlagenen Weg fortführen. Die Bereiche Digitalisierung und Kompetenzbereinigung wurden hier von Mikl-Leitner unter anderem genannt. Kaiser habe die Tätigkeit "in bester Tradition" ausgeübt: "Besonnen, konsequent und verbindend – genau so möchte und will ich auch den Vorsitz ausführen", sagte Mikl-Leitner.

Neue Akzente sollen in den kommenden Monaten hauptsächlich in den Bereichen Gesundheit und Pflege gesetzt werden. Vor allem das Problem des Ärztemangels müsse offen angesprochen werden: "Jahr für Jahr werden weniger Mediziner ausgebildet als gebraucht werden", rechnete die Landeschefin vor. Im Fokus des niederösterreichischen Vorsitzes in der Landeshauptleutekonferenz stehe zudem der ländliche Raum. Dieser soll zu einem "Platz zum Bleiben" werden.

Lob von Bierlein

Von einem "zu Beginn nicht so eingeschätzten", sich aber "spannend entwickelten" Vorsitz sprach Kaiser in seiner Rede. Die auf bundespolitischer Ebene entstandenen Herausforderungen seien letztlich in "enger Kooperation mit allen Institutionen der Politik" gelöst worden. Kärntens Landeshauptmann verwies zudem darauf, dass bei der Landeshauptleutekonferenz am 16. Mai in Taggenbrunn bei St. Veit an der Glan alle Beschlüsse einstimmig gefasst wurden. Am Folgetag, als das sogenannte Ibiza-Video publik wurde, sei dann "kein politischer Stein auf dem anderen geblieben". Ohne die Geschehnisse vorausahnen zu können, hätten die Länder "Sicherheit, Stabilität und Verlässlichkeit" vermittelt, betonte Kaiser. Die Landeshauptleutekonferenz an sich sei "nirgendwo verankert, aber wahrscheinlich gerade deshalb so erfolgreich".

Lob für Kaisers Herangehensweise im ersten Halbjahr 2019 kam von Bundeskanzlerin Bierlein, die dem Kärntner Landeschef zum "zuletzt äußerst gelungenen Vorsitz" gratulierte. In der Landeshauptleutekonferenz sah die Kanzlerin – so wie im Bundesrat – "eine tragende Säule für die Demokratie" und "ein Vorbild für ein konstruktives Miteinander".

ÖVP-Dominanz

Zu Wort kamen beim Festakt auch der scheidende Bundesratspräsident Ingo Appe (SPÖ) und sein Nachfolger Karl Bader (ÖVP). Appe sprach von unvergesslichen Eindrücken, die er gewonnen habe. Zeitintensiv seien die vergangenen Monate jedoch auch gewesen: "Ein halbes Jahr musst du dich abmelden." Bader bezeichnete seine neue Funktion "in Zeiten, wo politisch alles möglich ist", als Herausforderung. Im Bundesrat möchte er die vorherrschende Kontinuität beibehalten. Gleichzeitig sollen Akzente in Richtung ländlichen Raum und in Sachen Auslagerung von Bundesdienststellen in die Länder gesetzt werden, kündigte Bader an. Musikalisch untermalt wurde die etwa einstündige Festveranstaltung durch ein Ensemble der Jugendblaskapelle Rohrbach an der Gölsen (Bezirk Lilienfeld), der Heimatgemeinde von Neo-Bundesratspräsident Bader.

Erstmals in der Geschichte der Zweiten Republik stellt Niederösterreich aktuell in Person von Wolfgang Sobotka (ÖVP) und Bader die Präsidenten von National- und Bundesrat und hat zudem den Vorsitz der Landeshauptleutekonferenz inne. Letztere tagt am 7. und 8. November in Wiener Neustadt. (APA, 12.7.2019)