Mit anhaltendem Applaus wurde Parteichefin Rendi-Wagner von den Delegierten bedacht.

foto: apa/neubauer

Das Motto für den Wahlkampf: "Mut für Österreich – gut für Österreich."

foto: apa/neubauer

Wien – Es schüttet in Wien. In Strömen. Alle Sozialdemokraten, die nicht mit mit dem Auto angereist sind, werden nass, selbst wenn sie mit Regenschirm im Museumsquartier ankommen, wo die SPÖ am Samstag ihren Bundesparteirat – ein Parteigremium mit rund 400 Delegierten – abhält. Abstimmungen über die Bundesliste und das Wahlprogramm stehen auf der Tagesordnung. Michael Ludwig wird von einem Genossen gefragt, warum er als Wiener Bürgermeister nicht für besseres Wetter habe sorgen können an diesem wichtigen Tag. "Weil ma nicht aus Zucker san", befindet er trocken.

In seiner Rede führt er dann aus, dass man harte Zeiten nach den vergangenen eineinhalb Jahren Türkis-Blau ohnehin gewöhnt sei. Vor allem die FPÖ greift er frontal an: "Das sind nicht Rechtspopulisten, das sind Rechtsextreme", sagt Ludwig.

Kurz bringe Stillstand

Belustigt gibt sich der Stadtchef über die regelmäßig geäußerte Kritik von ÖVP-Chef Sebastian Kurz, wonach zu Zeiten der SPÖ-geführten Regierungen immer Stillstand geherrscht habe: "Der meiste Stillstand ist, wenn man alle 17 Monate eine Nationalratswahl vom Zaun bricht." Vor allem sozialpolitisch geißelt Ludwig die kürzlich geschiedene Koalition zwischen ÖVP und FPÖ – die Abschaffung der Aktion 20.000 für ältere Arbeitslose, die "Zerschlagung" der Sozialversicherungen, die Finanzierung der beiden Parteien durch und die Politik für die Reichen.

Nachdem ein kurzes Video abgespielt wird – Pamela Rendi-Wagner lacht, schaut ernst, trinkt Bier, isst Eis, und geht untermalt von rhythmischer Musik in Zeitlupe –, betritt die SPÖ-Chefin die Bühne. Sie hält eine lange, empathische Rede. "Ja, ich liebe die Menschen", beginnt sie. Mit dem Satz, dass sie die erste gewählte österreichische Bundeskanzlerin werden möchte, beschließt sie ihre Ansprache. Danach prasselt anhaltender Applaus auf sie ein.

"Klimaticket" für Österreich

Dazwischen übt sie nicht nur scharfe Kritik an der von ihr kürzlich abgewählten Regierung von Kurz, die sie als feig und unsozial bezeichnet, sondern stellt auch einige Forderungen auf: 5.000 zusätzliche Lehrerinnen und Lehrer für Österreich, Rechtsanspruch auf einen ganztägigen Kindergartenplatz ab dem ersten Lebensjahr, ein "Klimaticket" für die Öffis in ganz Österreich um drei Euro am Tag, Steuern auf Mieten abschaffen, modernere Arbeitsbedingungen und mehr Plätze für Ärzte.

Was die Zuwanderungspolitik angeht, fährt Rendi-Wagner eine Doppelstrategie: Einerseits wirft sie den Altkoalitionären Hetze vor, andererseits hält sie Türkis-Blau aber auch vor, nichts für den europäischen Außengrenzschutz getan zu haben.

95,6 Prozent für Rendi-Wagner

Danach schreiten die Genossen und Genossinnen zur Wahlurne – und segnen die Landeslisten (95,4 Prozent), die rote Bundesliste (99,6 Prozent) und das Wahlprogramm (einstimmig) ab. 95,6 Prozent Zustimmung bekommt Rendi-Wagner als Spitzenkandidatin. "Rechnet mit uns und rechnet mit mir", ruft die Chefsozialdemokratin, bevor die Internationale angestimmt wird.

Hörbar unzufrieden war eigentlich nur einer: Ein SPÖ-Bauer, der im Wahlprogramm das Wort Landwirtschaft vermisst. Ihm hätte nur ein Satz zum Thema gereicht, erklärte er, als die Basis zwischendurch ans Mikro gelassen wurde. Mehr brauche es im Programm gar nicht, murrte er, den Rest würden er und die anderen sozialdemokratischen Landwirte dann eh im echten Leben erledigen. (Katharina Mittelstaedt, 13.7.2019)