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St. Pölten – In einer politisch turbulenten Zeit "wie selten zuvor" im Bund sieht Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) die Länder in der "ganz wichtigen Rolle", für Stabilität und Sicherheit zu sorgen. Nach der Nationalratswahl gehe es darum, "so rasch wie möglich zu einer funktionierenden Bundesregierung mit einer stabilen Mehrheit im Parlament zu kommen", sagte sie im APA-Interview.

Weil zunächst am 29. September der Wähler am Wort sei, wollte sich Mikl-Leitner weder auf Koalitionspräferenzen noch auf -spekulationen einlassen. "Erst wenn man Ergebnisse hat, kann man über Koalitionen nachdenken." Sie sei es in der Politik gewohnt, "nur über das zu reden, was man weiß und nicht was man nicht weiß", fügte die Landeshauptfrau hinzu.

Keine Positionierung zu Kickl

Offen ließ Mikl-Leitner die Frage, ob Herbert Kickl (FPÖ) wieder als Innenminister vorstellbar sei. Der neue Bundeskanzler und der Bundespräsident müssten entscheiden, mit wem sie zusammenarbeiten wollen bzw. wem sie das Vertrauen schenken.

In Niederösterreich bestehe seitens der Volkspartei ein Arbeitsübereinkommen mit SPÖ und FPÖ, erinnerte die Landeshauptfrau. Und es herrsche die Meinung, dass die Turbulenzen im Bund nicht auf die Landesebene hereingetragen werden dürften. "Die Arbeit in Niederösterreich geht weiter."

Im Hinblick auf den 29. September werde die Landes-ÖVP "mit großem Engagement und Herzblut arbeiten", damit die Bundespartei "die gestaltende Kraft bleiben und der Kurs der Veränderung fortgeführt werden kann". Nachsatz: "Wir werden alles daran setzen, dass der Bundeskanzler wieder Sebastian Kurz heißt."

Gutes an Ibiza

Im Ibiza-Video habe man gesehen, "dass es offenbar Bestrebungen gibt oder gab, Gelder am Rechnungshof vorbeizuleiten und über Vereinskonstruktionen in die Parteien zu bringen", meinte Mikl-Leitner. "Wenn man etwas Gutes am Ibiza-Video finden möchte, dann, dass eine breite Diskussion gestartet ist, um eine Regelung für die Parteienfinanzierung zu finden." Hier gebe es offensichtlich sehr viel Unzufriedenheit. "Mit dem nun im Parlament beschlossenen Regulativ hat man diese Hintertüre – nämlich am Rechnungshof vorbei und über Vereinskonstruktionen – nicht geschlossen", kritisierte Mikl-Leitner.

Den – für sie erstmaligen – Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz will die Niederösterreicherin "in bewährter Tradition" und "im Stil des Miteinanders" führen. Wichtig sei ihr auch, Dinge, die Kärntens Peter Kaiser (SPÖ) eingeleitet habe, fortzusetzen. An wichtigen Themen nannte Mikl-Leitner u.a. Kompetenzzuteilung, Digitalisierung oder Gesundheit.

"Nicht immer einfach" mit Waldhäusl

Der niederösterreichischen Landesregierung sei bei den zentralen Themen Arbeit, Gesundheit, Mobilität und Familie "einiges gelungen", zog Mikl-Leitner eine Zwischenbilanz über die seit 2018 laufende Legislaturperiode.

Zur Zusammenarbeit mit FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl, der immer wieder für Wirbel gesorgt hat, hielt Mikl-Leitner fest: "Der Stil des Miteinanders und der Zusammenarbeit heißt nicht, dass es immer einfach ist beziehungsweise man immer einer Meinung sein muss. Keine Frage: Nicht jede Aussage von Landesrat Waldhäusl sorgt bei mir für große Freude." Weiters betonte sie: "Es ist hier wichtig, Grenzen aufzuzeigen. Das habe ich auch immer gemacht." Entscheidend sei, inhaltlich etwas zuwege zu bringen. Wie auch bei der Zusammenarbeit mit der SPÖ gelte es, trotz verschiedener Ansätze zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen. 98 Prozent der Beschlüsse in der Proporzregierung seien einstimmig gefasst worden. Neun von zehn Beschlüssen im Landtag seien mit Zustimmung von SPÖ oder FPÖ erfolgt.

Nach der EU-Wahl im Mai und der Nationalratswahl Ende September wartet auf Niederösterreich schon Anfang 2020 die nächste Wahl. Im ersten Quartal sind die Gemeinden – 567 an der Zahl – an der Reihe. Sie wüssten, dass sie dann "auf dem Prüfstand stehen" und würden sich demnach rechtzeitig vorbereiten, warf Mikl-Leitner einen Blick ins kommende Jahr. (APA, 13.7.201)