Lebensbegleitend Fundamente legen – nicht je nach Arbeitsmarktlage reparieren.

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Franz-Josef Lackinger: Lauter Appell gegen bloße Reparaturweiterbildung.

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Österreich ist das Paradebeispiel einer reparativen Erwachsenenbildung, deren (öffentliche) Finanzierung und Steuerung fast ausschließlich an Arbeitsmarktentwicklungen gekoppelt sind. Sinkende Arbeitslosenzahlen bedeuten sinkende Förderbudgets. Sinkende Vermittlungszahlen bedeuten das kurzfristige Aus von Kursangeboten.

Das mag auf den ersten Blick auch durchaus legitim erscheinen. Diese Anfälligkeit für Stop-and-go-Politik und für kurzfristige Finanzierung sorgt aber in erster Linie dafür, dass Erwachsenenbildungsorganisationen und Kursanbieter in einer permanenten Planungsunsicherheit leben: Kontinuierliches Arbeiten, Innovation und Entwicklung weichen dem permanenten Wettstreit um knappe Finanzmittel und die Fokussierung auf wenige, in der Vergangenheit "gut vermittelbare" Fertigkeiten.

Kein Spielraum

Kaum ein Weiterbildungsinstitut kann sich Experimente – und das Anbieten künftig eventuell nachgefragter Skills – leisten. Die Kostenschraube wird weitergedreht, und viel zu oft setzt man in der heimischen Erwachsenenbildung auf hire and fire, um in der Billigstbieterschlacht reüssieren zu können, anstatt kompetente Wissensvermittler langfristig zu binden und weiterzuentwickeln. Anbieter, die auf Kontinuität – und damit einhergehende steigende Löhne in der Belegschaft – setzen, haben oft das Nachsehen.

Dieser Zugang ist aber nicht nur für die gesamte Erwachsenenbildungslandschaft fatal – sondern verhindert auch, dass man sich präventiv und gezielt mit Entwicklungen wie der Digitalisierung und dem damit einhergehenden Fachkräftemangel auseinandersetzen kann. Wenn man nur nach hinten schaut, ist man immer zu spät dran.

Doch was ist die Lösung? In erster Linie geht es sicherlich darum, dass wir Erwachsenenbildung nicht länger als eine rein reparative Budgetbelastung, sondern als eine Investition mit breitgefächertem Wirkungsspektrum – sowohl für den Einzelnen als auch für Wirtschaft und Gesellschaft – sehen sollten: Verbesserte Chancen auf dem Arbeitsmarkt, verbessertes Wohlbefinden, Stärkung der Innovationskraft, gesteigerte Produktivität, Unterstützung des Umweltschutzes sind nur einige der Benefits von Weiterbildung.

Antizyklisch ist richtig

Wichtig erscheint mir in diesem Zusammenhang auch, dass eine Investition in Erwachsenenbildung antizyklisch stattfinden sollte, damit Beschäftigung gesichert wird, anstatt sie mühevoll wiederherzustellen. Das ist nicht nur effizienter und befriedigender für alle Beteiligten, sondern auch billiger. Darüber hinaus sollten die Erwachsenenbildner – analog zu den Universitäten – mit einer Basisfinanzierung ausgestattet werden. Das schafft Nachhaltigkeit und beständige Qualität und sorgt dafür, dass sich die Branche nicht länger daran orientieren muss, "was bisher gut funktioniert hat", sondern auch neue Entwicklungs- und Innovationskraft entwickeln kann.

Wenn man nicht nur die Erwachsenenbildung, sondern die gesamte Bildungslandschaft betrachtet, ist vielleicht auch das in der Lehrlingsdebatte bereits angedachte – und an den Fußball angelehnte – Transfersystem eine mögliche Ergänzung, um hohe Bildungsqualität zu honorieren. Sprich der "Ausbildungsverein" erhält von jenen, die von den top ausgebildeten Fachkräften profitieren, eine Art "Ablösesumme".

Von Anfang an

Der Betrag sollte dabei in gleichen Teilen auf die bisherigen "Bildungsstationen" aufgeteilt werden. Natürlich wird das die Ausbildungskosten nicht zur Gänze decken können, vielmehr wäre es aber ein Zeichen der Wertschätzung an all die Bildungseinrichtungen und Ausbildungsbetriebe, die den Grundstein für eine spätere Berufslaufbahn legen.

Denn egal wie man es dreht und wendet: Die Bildungslandschaft Österreichs – und damit meine ich die komplette Bandbreite von Kindergarten bis Erwachsenenbildung – kann nur dann Bestleistungen bringen und somit auch die Wirtschaft entscheidend weiterbringen, wenn sie auf einem soliden Finanzierungsfundament aufbaut – und vor allem angstfrei an der Entwicklungs- und Innovationskraft arbeiten kann. Ein reines Schielen nach den Arbeitslosenzahlen bringt uns hier nicht weiter. (Franz-Josef Lackinger, 22.7.2019)

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