Facebook deaktivierte die Werbung erst nach mehreren Wochen, allerdings nur, weil die Partei sie nicht speziell als politische Kampagne ausgewiesen hatte.

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Nach anhaltender Kritik hat Facebook im März angekündigt, gegen neonazistische und andere rechtsextreme Gruppierungen auf seiner Plattform vorzugehen. Da die eigenen Richtlinien Hassaufrufe wegen Eigenschaften wie Herkunft, Ethnie, Hautfarbe oder Religion verbieten, sollen entsprechende Seiten auf dem Netzwerk keinen Platz haben, erklärte man und erwähnte dabei dezidiert auch "weiße Nationalisten".

Doch offenbar greifen die Mechanismen noch nicht zuverlässig. Wie North99 aufdeckt, hat Facebook im vergangenen Juni zwei Werbeanzeigen der Canadian Nationalist Party ausgespielt. Die Partei fordert unter anderem die Abspaltung von der britischen Krone und die Schaffung einer "über dem demokratischen System" stehenden Autorität. Weiters möchte man die demografische Entwicklung der letzten Jahrzehnte zugunsten der Einwohner "europäischer Abstammung" rückgängig machen und regt dafür zinslose Kredite für neu verheiratete Paare an, die für jedes gemeinsame Kind um 20 Prozent gestundet werden.

Antisemitische Postings, Likes für Nazi-Partei

Wesentlich deutlicher zum politischen Hintergrund hat sich in der Vergangenheit der Parteichef Travis Patron geäußert, dokumentiert das Canadian Anti-Hate Network, darunter ein Video, in dem er die Befreiung Kanadas vom "parasitischen Stamm" verspricht. So veröffentlichte er klar als antisemitisch erkennbare Beiträge. Weiters vergab er Likes für Postings anderer Rechtsextremer, darunter einen Aufruf zur Ermordung von Jagmeet Singh, dem Vorsitzenden der sozialdemokratischen New Democratic Party sowie ein Zitat von George Rockwell, dem Gründer der American Nazi Party.

In den Werbeeinschaltungen warb die Nationalist Party unter anderem um neue Mitglieder. Um bei Wahlen antreten zu können, müssen wenigstens 250 Mitgliedserklärungen übermittelt und seitens der Unterstützer in einem zweiten Schritt bestätigt werden. Dadurch kann die Organisation offiziell als Partei anerkannt werden, was unter anderem steuerliche Vorteile für Spender bringt.

Werbung erst nach Wochen deaktiviert

Eine Anfrage von North99 an Facebook um Stellungnahme zu den genehmigten Werbekampagnen blieb bisher unbeantwortet. Das Netzwerk hatte die Werbungen erst nach mehreren Wochen deaktiviert, allerdings nicht, weil es sich um eine rechtsextreme Organisation handelte, sondern weil die Organisation sie nicht als politische Anzeige deklariert hatte.

Aktuell versucht das Canadian Anti-Hate Network rechtlich gegen die Anerkennung als Partei vorzugehen. Man wirft Patron Verhetzung vor und fordert generell ein Verbot antidemokratischer Bewegungen. (red, 22.07.2019)