Eines lässt sich kaum bestreiten: Herbert Kickl (FPÖ) war der schlechteste Innenminister, den Österreich in den vergangenen 15 Jahren erlebt hat. Die Liste an Kickls Fehltritten ist lang. Sie reicht von plumpen Interventionen über seine rechte Hand Peter Goldgruber bei den Verfassungsschutz-Ermittlungen über brandgefährliche Ideen ("Das Recht hat der Politik zu folgen") bis hin zu unwürdigem Aktionismus wie der Umbenennung von Erstaufnahmestellen in "Ausreisezentren" oder der Rekrutierung von Polizisten in rechtsextremen Publikationen. Herbert Kickl war ein Innenminister für eingefleischte FPÖ-Unterstützer und für weit rechts gerichtete Kreise in Polizei und Beamtenschaft. Er war kein Innenminister für alle Österreicherinnen und Österreicher.

Aber – und das ist ein wichtiges Aber: Herbert Kickl hätte das Zeug dazu gehabt, zum wichtigsten Innenminister der letzten 15 Jahre zu werden. Das hängt direkt mit jenem Mann zusammen, der bis 2004 das Ministerium leitete und wohl noch miserabler als Kickl war: Ernst Strasser. Der hatte nach der ersten schwarz-blauen Wende im Jahr 2000 mit Nachdruck begonnen, das zuvor 30 Jahre lang von der SPÖ kontrollierte Innenministerium Stück für Stück bis ins kleinste Detail umzufärben.

Der ehemalige Innenminister Herbert Kickl.
Foto: APA/AFP/ALEX HALADA

Das System, das zynisch als "rot-weiß-rote" Besetzungspolitik bezeichnet wurde, setzte sich nach Strassers Abgang fort, perpetuiert durch den langjährigen Kabinettschef Michael Kloibmüller. Von der Ortspolizeidirektion über die Sektionschefs bis hin zu den wichtigsten Polizeiposten: Ohne "rot-weiß-rote" Freunde hatte man im Ministerium keine Chance. Das war wohl rechtlich in Ordnung.

Andere Aktivitäten in der Ära des schwarzen Innenministeriums waren es vermutlich nicht: etwa die Causa Wiener Stadterweiterungsfonds, bei dem heutige Sektionschefs einst Immobilien des Ministeriums verkauften und dann an Kirchenorden spendeten – es gilt die Unschuldsvermutung.

Scheinheilige Distanzierung

In genau dieses Wespennest stach Herbert Kickl. Er war zwar kein Innenminister für alle Österreicher, aber er war auch keiner für die ÖVP-Seilschaften. Es mutet schon seltsam an, dass die ÖVP mit Kickls Machenschaften erst dann ein Problem bekam, als sich dieser den "schwarzen Netzwerken" in Polizei und Justiz zuwandte. Es dürfte sich hier eher um eine scheinheilige Distanzierung von Kickl als um eine Wiederauferstehung der Moral in der Volkspartei handeln.

Das heißt nicht, dass Kickl wieder Innenminister werden sollte. Seine Fehler haben ihn für ein Ministeramt disqualifiziert, vor allem in rechtsstaatlich so wichtigen Ressorts wie Inneres oder Justiz. Aber Kickls vor allem gegen Ende seiner Amtszeit gefundener Elan, gegen Vetternwirtschaft und womöglich korrupte Seilschaften im Amt vorzugehen, war richtig – auch wenn er wohl um- statt entfärben wollte. Dieser Weg sollte nach der Wahl unbedingt fortgesetzt werden.

Ein parlamentarischer U-Ausschuss dazu ist wichtig, aber verändern kann man das Innenressort wohl nur von innen. Ob SPÖ, Neos, Grüne oder FPÖ: Sie sollten alle darauf pochen, das Innen- oder ein Justizministerium mit eigenen Ermittlern gegen Korruption zu erhalten – und dann jemanden dafür nominieren, der nicht fortwährend die Mehrheit der Österreicher gegen sich aufbringt, sondern etwas tut, dem fast alle zustimmen können: für eine parteifreie und unabhängige Exekutive zu sorgen. (Fabian Schmid, 15.7.2019)