Deutsche Behörden nahmen 2017 ein Anschlagsszenario auf Ursula von der Leyen (CDU) ernst

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Die deutschen Sicherheitsbehörden haben vor knapp zwei Jahren einen Anschlag auf Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) befürchtet – und zwar aus den eigenen Reihen. Kurz davor waren zwei Studenten wegen ihrer rechtsextremen Gesinnung aus der Bundeswehr entlassen worden. Wie die Welt am Sonntag berichtete, vermuteten die Behörden bei einem der zwei, dass er womöglich ein Attentat auf von der Leyen verüben könnte.

Eine Durchsuchung bei ihm brachte jedoch kein Ergebnis, die Ermittlungen wurden eingestellt. Doch laut Welt denken die Behörden, dass der Soldat die Razzia erwartet und entsprechende Schritte eingeleitet hat – es gilt die Unschuldsvermutung.

Burschenschafter

Bei dem damals Verdächtigen handelt es sich um T.L., ein Mitglied der Passauer Burschenschaft Markomannia Wien, wie dem STANDARD aus mehreren Quellen bestätigt wurde. Die hat beste Verbindungen nach Österreich: Sie war etwa im Mai 2018 zu Gast bei der Wiener Bruna Sudetia, die damals gerade wegen der Liederbuch-Affäre in den Schlagzeilen war. Passend dazu postete die Markomannia auf Facebook ein Liederbuch, um den Besuch zu illustrieren.

Ihr Obmann Herwig Götschober, der bei dem damaligen Verkehrsminister Hofer arbeitete, war bei dem Termin nicht anwesend. Die Markomannia war auch zu Besuch bei der Moldavia Wien, bei der Mitarbeiter der FPÖ aktiv sind. Ebenso gab es ein Treffen bei der Germania Ried, in der sich der damalige oberösterreichische Landesrat Elmar Podgorschek (FPÖ) engagiert. Der verdächtige T.L. dürfte bei diesen Reisen als führendes Mitglied der Markomannia mit dabei gewesen sein. Odin Wiesinger, der Lieblingsmaler von Parteichef Norbert Hofer (FPÖ), bot der Markomannia an, ein Sujet für sie zu gestalten; das likte auf Facebook der Neonazi Franz R. aus dem Umfeld von Gottfried Küssel.

AfD

Der einst verdächtigte Soldat T.L. ist mittlerweile bei der AfD aktiv. Die ursprünglichen Ermittlungen gegen ihn wurden eingestellt. Unklar ist aber, wie sehr T.L. unabhängig von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen noch auf dem Radar der Nachrichtendienste steht. Sein Fall dürfte durch das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages aufgekommen sein, an das der Bundesnachrichtendienst (BND), der Militärische Abschirmdienst (MAD) und der Verfassungsschutz berichten.

Die Causa fügt sich in eine Reihe von Vorfällen ein, die gemeinsam ein Netzwerk an rechtsextremen Soldaten und Polizisten konstituieren. Diese treffen oft Vorkehrungen für einen "Tag X" und legten Feindeslisten an. So gibt es einen zeitgleich mit T.L. entlassenen Bundeswehr-Studenten, der Nachrichten mit einer Person im Umkreis von Franco A. hatte. Letzterer war im Februar 2017 in Wien festgenommen worden, als er eine Pistole aus ihrem Versteck am Flughafen Schwechat holen wollte. Franco A., ein Berufssoldat, hatte sich heimlich als syrischer Flüchtling registrieren lassen. Der Fall hängt auch mit der Causa jener deutschen Polizisten zusammen, die kürzlich in Mecklenburg-Vorpommern verhaftet wurden. Sie hatten ebenfalls Feindeslisten angelegt und bereits den Erwerb von Leichensäcken geplant gehabt. (fsc, lalo, 15.7.2019)