Der deutsche Handelskonzern Müller beschäftigt mehr als 35.000 Menschen und beteiligt sich mit 26 Prozent an der steirischen Firma Niceshops.

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Wien – Man kann von einer gewissen Symbolwirkung sprechen, wenn sich aus heiterem Himmel das Firmenoberhaupt eines deutschen Konzerns mit mehr als 35.000 Mitarbeitern bei einem österreichischen Mittelständler für einen Betriebsbesuch ankündigt. Vor etwas mehr als einem Jahr wurde Erwin Müller, Gründer der Handelskette Müller, beim steirischen Onlinehändler Niceshops vorstellig. Wie kürzlich bekannt wurde, übernimmt der Handelsriese aus Ulm nun 26 Prozent der heimischen Gesellschaft.

"Wir dürften einen guten Eindruck hinterlassen haben", sagt Niceshops-Co-Geschäftsführer Christoph Schreiner im Gespräch mit dem STANDARD. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Das Branchenmagazin Der Brutkasten mutmaßt jedoch über einen Preis in zweistelliger Millionenhöhe.

Eine Million Pakete pro Jahr

Im 330-Seelen-Dorf Saaz in der Südoststeiermark betreibt Niceshops ein Logistikzentrum, aus dem jährlich rund eine Million Pakete verschickt und in dem knapp 900.000 Artikel gelagert werden. Ein Vergleich mit Amazon bietet sich an, doch die 2006 in einer Garage gegründete Firma setzt auf Nischenprodukte und nicht die breite Masse. Im Sortiment finden sich unter anderem Naturkosmetik, Wein, Elektrofahrräder, Poolzubehör oder Mittel gegen übermäßiges Schwitzen. In Summe beherbergt Niceshops rund 40 Onlineshops. Laut Unternehmensangaben zähle man mehr als eine Million Kunden in 150 Ländern. Die Exportquote liegt 80 Prozent.

Vom 330-Seelen Ort Saaz in der Steiermark verschickt Niceshops jährlich mehr als eine Million Pakete.
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Warum Müller diese Kooperation sucht, liegt nahe. Der Konzern will vermehrt auf E-Commerce setzen, in der Vergangenheit konzentrierte man sich eher auf die Filialnetzerweiterung. "Es wird eine eigene E-Commerce-Einheit geben mit unserer Software und dem Sortiment von Müller", erklärt Schreiner. Es sei eine tolle Möglichkeit, oft bekomme man nicht die Chance, bei einem Konzern mit so hoher Schlagkraft in Sachen Digitalisierung etwas zu bewirken. Auch die Deutschen zeigen sich begeistert. Niceshops war der "absolute Wunschpartner in Sachen Softwareentwicklung und Endkundenlogistik", heißt es in einer Aussendung.

Schnelleres Wachstum

In der Steiermark verspricht man sich noch schnelleres Wachstum. Das Logistikzentrum zwischen den Weinbergen werde noch einmal ausgebaut, und man halte Ausschau für die ersten Standorte im Ausland mit Fokus auf Europa. Bisher finanzierte sich das Unternehmen ausschließlich privat und erzielte jährliche Wachstumsraten zwischen 40 und 60 Prozent. Betrug der Umsatz 2017 rund 27 Millionen Euro, sollen es heuer 50 Millionen werden. Auch das aktuell gut 230 Personen starke Team soll vergrößert werden.

Niceshops Co-Geschäftsführer Christoph Schreiner erwartet sich noch schnelleres Wachstum durch die Beteiligung. Bisher lagen die Raten jährlich bei 40 bis 60 Prozent.
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Mit 26 Prozent verfügt Müller über die juristisch nicht irrelevante Sperrminorität. Laut Schreiner beziehe sich dieses primär auf die gesellschaftliche Ebene und nicht auf die operative: "Es bringt ja nichts, wenn uns ein Konzern da umkrempeln will, wo wir das Know-how haben." Bei Themen wie Logistik und Bankenfinanzierung ließe sich die Hilfe von "so einem Großen" aber gut einbauen.

Das Niceshops-Geschäftsmodell besteht aus drei Teilen. Als klassischer Händler wird eine Marke aufgebaut und vertrieben. Weiters lagern Unternehmen die Logistik und das Endkundengeschäft an Niceshops aus. Als drittes Standbein entwickelt und produziert Niceshops eigene Marken, beispielsweise im Bereich Kosmetik und Nahrung. (Andreas Danzer, 16.7.2019)