Jim Egan verspricht als CEO von BBC Global News Objektivität und setzt auf neue Formate wie den Faktencheck "BBC Reality Check" und die Videoplattform BBC Reel und mehrt so das weltweite Publikum.

Foto: BBC Global News

Jim Egan (49) führt seit 2012 als Chief Executive Officer BBC Global News, eines der kommerziellen Tochterunternehmen der britischen öffentlich-rechtlichen BBC. Davor war er vier Jahre Director of Strategy der britischen Medienaufsichtsbehörde Ofcom. 2018 konnte BBC Global News sein Publikum vor allem in den USA deutlich ausbauen und die Umsätze steigern.

STANDARD: Das Publikum von BBC Global News wächst, gleichzeitig vertrauen immer weniger Menschen den Medien. Wie passt das zusammen?

Egan: Wir beobachten, dass ein Teil unseres Publikums und auch unsere kommerziellen Kunden immer kritischer gegenüber den Quellen werden, die sie nutzen. Wir als BBC sind in der glücklichen Position, dass wir den Ruf einer vertrauenswürdigen Quelle haben, nicht nur in England, sondern weltweit. Wirtschaftlich war das für uns ein Vorteil.

STANDARD: Im Zusammenhang mit Vertrauenswürdigkeit von Medien geht es oft um das Thema Objektivität. Endet die nicht schon bei der Entscheidung, worüber man berichtet?

Egan: Wir glauben sehr an Objektivität. BBC Global News arbeitet kommerziell, aber wir haben keine Gesellschafter außer der BBC. Es gibt also absolut keinen kommerziellen Einfluss auf das, was wir tun. Wir haben mehr als 300 Seiten redaktionelle Guidelines, eine Menge journalistisches Training und eine unausgesprochene Kultur, die zur Objektivität verpflichtet.

STANDARD: Der Erfolg von BBC Global News in den USA hat auch damit zu tun, dass Sie die Zusammenarbeit mit Facebook, Google und Apple News ausgebaut haben. Haben Sie nicht das Gefühl, dass Facebook und Co Ihren Content nutzen, ohne dafür zu zahlen?

Egan: Auf den meisten Märkten, das gilt für Österreich wie auch für die USA, ist unser Marktanteil recht klein. Social Media hat also dazu beigetragen, unser Publikum zu vergrößern. Unser Verhältnis zu diesen Organisationen ist nicht perfekt. Ich teile viele der Bedenken anderer Nachrichtenanbieter bezüglich der wirtschaftlichen Zusammenarbeit. Ich weiß, dass der Einfluss von Social Media ziemlich bedeutend ist für einige Nachrichtenanbieter.

STANDARD: Welchen Einfluss hat der Brexit auf eine internationale Nachrichtenorganisation wie die Ihre?

Egan: Es war ein unglaubliches Nachrichtenthema und ist es nach wie vor, da keine Lösung in Sicht ist. Von der BBC mit ihrem Hauptsitz in London erwartet das Publikum besonders gute Brexit-Berichterstattung. Ich würde sagen, unsere Berichterstattung über den Brexit ist besser als irgendeine andere sonst. Besonders in den letzten drei Jahren wuchs dadurch unser Publikum.

STANDARD: Also ein positiver Brexit-Effekt?

Egan: Wir sind natürlich besorgt über mögliche Reaktionen von Werbetreibenden, aber bisher hatten wir da keine Probleme. Regulierung und Lizenzen sind für uns ein Thema: Wir bemühen uns weiter, in allen 27 EU-Staaten empfangbar zu sein. Bisher sind wir das mit einer Lizenz der britischen Regulierungsbehörde Ofcom. Bei einem No-Deal-Brexit müssten wir eventuell einige Veränderungen an diesem Lizenzierungsmodell vornehmen.

STANDARD: Die BBC wird ähnlich wie der ORF direkt durch Gebühren finanziert. Halten Sie einen budgetfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk für ein angemessenes Modell, wie ihn die österreichische Regierungskoalition von ÖVP und FPÖ plante?

Egan: Aus britischer Perspektive kann ich sagen: Wenn Haushalte direkt an die BBC Gebühren zahlen, schafft das eine Beziehung zur BBC, sie geben das Gefühl von Einfluss, machen Gebührenzahler zu direkten Eigentümern des Rundfunks. Ich halte das für sehr wichtig. Es gibt in England keine Diskussion darüber, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk aus dem Staatsbudget zu finanzieren. (Johannes Pucher, 16.7.2019)