Die gleichgeschlechtliche Ehe gehört unbestritten und quasi verfassungsmäßig verbrieft zu den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung. Nun wurde die letzte Schikane beseitigt, so Aktivist und Blogger Kurt Krickler im Gastkommentar.

Durch sein Erkenntnis vom Dezember 2017 öffnete der Verfassungsgerichtshof die Ehe und die eingetragene Partnerschaft für alle. Zwar hatten ÖVP und FPÖ im Vorjahr noch verzweifelt überlegt, wie sie diese Entscheidung unterlaufen könnten, doch für die einzige diesbezügliche Möglichkeit, nämlich die Ehe als exklusives Rechtsinstitut nur für verschiedengeschlechtliche Paare in die Verfassung zu schreiben, fehlte ihnen die dafür notwendige Verfassungsmehrheit im Nationalrat. Und so stehen seit 1. Jänner 2019 beide Rechtsinstitute sowohl verschieden- als auch gleichgeschlechtlichen Paaren offen.

Die Ehe für alle hat die letzte Hürde genommen. Sie ist nun auch jenen Paaren möglich gemacht, bei denen ein Teil aus einem Staat kommt, der die gleichgeschlechtliche Ehe nicht anerkennt.
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Doch ganz geschlagen gab man sich im für Personenstandswesen zuständigen Innenministerium nicht. Dort scheinen ein paar extrem konservative bis reaktionäre, vor allem aber besonders homophobe Beamte, die nach fast 20-jähriger ÖVP-Dominanz im Innenministerium an den entsprechenden Schaltstellen gelandet sind, ihren privaten Kleinkrieg gegen homosexuellenfreundliche Gesetze bis zum bitteren Ende weiterführen zu wollen.

Dieser Widerstand war ja bereits bei der Einführung der eingetragenen Partnerschaft 2009 deutlich zu spüren: Es war auch damals das Innenministerium, das viele absurde – später meist durch höchstgerichtliche Entscheide wieder beseitigte – Unterschiede zwischen eingetragener Partnerschaft und Ehe durchsetzte. Um nur einige Beispiele zu nennen: Eingetragene Partnerinnen oder Partner konnten etwa einen allfälligen Doppelnamen nicht mit Bindestrich führen, sie trugen offiziell auch keinen Familien-, sondern einen Nachnamen; und für die Eintragung einer eingetragenen Partnerschaft waren die Bezirksverwaltungsbehörden und nicht die Standesämter zuständig (Letzteres wurde 2017 ausnahmsweise vom Parlament korrigiert).

Letzte Schikane

Beim Inkrafttreten der Ehe für alle heckte man im Innenministerium noch eine letzte Schikane aus: Eine gleichgeschlechtliche Ehe könne in Österreich nur geschlossen werden, wenn beide Partnerinnen beziehungsweise Partner Staatsangehörige von Staaten sind, die ebenfalls die gleichgeschlechtliche Ehe vorsehen. Vordergründig beruft sich das Innenministerium dabei auf das Internationale Privatrechtsgesetz 1978, das nur für eingetragene Partnerschaften auf das nationale österreichische Recht verweist, bei Eheschließungen aber auf das heimatliche Personalstatut der Heiratswilligen abstellt. Dabei lässt man im Innenministerium wohlweislich Paragraf 6 im Internationalen Privatrecht (IPR-G) unter den Tisch fallen, der eindeutig festlegt: "Eine Bestimmung des fremden Rechtes ist nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar ist. An ihrer Stelle ist erforderlichenfalls die entsprechende Bestimmung des österreichischen Rechtes anzuwenden."

Wenn es im Herkunftsland einer ehewilligen Person dieses Rechtsinstitut nicht gibt und folglich die Anwendung des fremden Rechts zu einem Ergebnis führte, das der österreichischen Rechtsordnung zuwiderläuft (gleichgeschlechtliche Ehe wäre unmöglich), ist österreichisches Recht anzuwenden. Man muss weder Jus studiert haben noch eine Pisa-Koryphäe in sinnerfassendem Lesen sein, um das zu verstehen. Paragraf 6 IPR-G scheint ja fast paradigmatisch für diesen Fall formuliert worden zu sein.

Der ehemalige FPÖ-Innenminister Herbert Kickl hat sich wohl mit großer Begeisterung der schikanösen Rechtsansicht seiner zuständigen Beamtenschaft angeschlossen und durch Weisung an die Standesämter angeordnet, diese willkürliche Gesetzesauslegung zu vollziehen. Sicher war Kickl ebenfalls bewusst, dass er damit ohnehin bloß wieder am höchstgerichtlichen Watschenbaum rüttelt und sich bei einer Klage umgehend eine Abfuhr holen würde. Denn was sonst als verfassungs-, menschenrechts- und EU-rechtswidrig ist es, wenn zum Beispiel jemand zwar eine Schwedin, einen Dänen, eine Polin, aber keinen Polen heiraten darf? Für Kickl und die zuständigen Beamten ging es wohl bloß darum, Lesben und Schwule so lange wie möglich zu diskriminieren – ziemlich primitiv und kindisch! Jedenfalls ist Kickls Vorgangsweise in dieser Angelegenheit allein schon Grund genug, diesem Mann nie wieder ein Ministeramt zu überlassen.

Unnötige Fleißaufgabe

Warum der derzeit amtierende Innenminister Wolfgang Peschorn trotz diesbezüglicher Aufforderung kein Machtwort gesprochen und Kickls Weisung nicht einfach einkassiert hat, ist schleierhaft. Es muss doch auch ihm klar sein, dass Kickls Rechtsansicht nicht nur dem Paragraf 6 IPR-G, sondern auch dem Sinn und Geist des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs total widerspricht.

Umso erfreulicher war daher die Initiative der Neos, den perfiden Absichten des Innenministeriums einen Strich durch die Rechnung zu machen und diese schikanöse Diskriminierung durch gesetzliche Klarstellung zu beenden. Der entsprechende Neos-Antrag, im IPR-G selbst klarzustellen, dass bei gleichgeschlechtlicher Eheschließung allenfalls österreichisches Recht anzuwenden ist, und damit willkürlichen Interpretationen einen Riegel vorzuschieben, wurde am 2. Juli vom Nationalrat verabschiedet und passierte am 11. Juli den Bundesrat. Eigentlich eine unnötige Fleißaufgabe, aber bei ideologisch völlig verpeilten Innenministern leider offenbar notwendig. (Kurt Krickler, 17.7.2019)