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Polizisten bei einer Demonstration Identitärer gegen die Razzia bei Sellner

Foto: Reuters/Niesner

Die Staatsanwaltschaft Wien prüft, ob es im Zuge der Ermittlungen gegen Identitären-Chef Martin Sellner ein Leck im Innenministerium gegeben hat. Es steht der Verdacht im Raum, dass der Rechtsextreme vor einer anstehenden Hausdurchsuchung gewarnt wurde. Das bestätigt Justizminister Clemens Jabloner in einer Anfragebeantwortung, die dem STANDARD und der "Kleinen Zeitung" vorliegt. Sellners Wohnung wurde am 25. März im Zusammenhang mit einer Spende des mutmaßlichen Christchurch-Massenmörders Brenton T. an Sellner durchsucht. Die Beamten warteten damals mehrere Minuten, bevor ihnen Sellner die Tür öffnete, obwohl sie Geräusche im Inneren vernahmen.

E-Mails gelöscht

Später stellte sich heraus, dass Sellner E-Mails zwischen ihm und T. vierzig Minuten vor dem Eintreffen der Polizei bei ihm gelöscht hatte. Zuvor hatte er diese als Screenshot gespeichert, er legte sie dann den Ermittlern vor. Unklar ist, ob es sich dabei um alle E-Mails handelt, die zwischen den beiden ausgetauscht wurden – es gilt die Unschuldsvermutung. T. hatte am 15. März 2019 mutmaßlich 51 Menschen in zwei Moscheen in Neuseeland erschossen. Ein Jahr zuvor hatte er Kontakt mit Identitären-Chef Sellner, dem er 1.500 Euro überwies.

Goldgruber wusste vorab Bescheid

In einer Anfragebeantwortung von Innenminister Wolfgang Peschorn wird folgender Ablauf der Ermittlungen dargestellt: Am 19. März wurde von der Staatsanwaltschaft Graz ein Antrag zur Hausdurchsuchung bei Sellner gestellt, am 24. März wurde der Verfassungsschutz davon informiert, am nächsten Tag, dem Termin der Razzia, dann die Beamten des Verfassungsschutzes, die als Unterstützung herangezogen wurden. Auf politischer Ebene wurde Peter Goldgruber, Generalsekretär des damaligen Innenministers Herbert Kickl (FPÖ), bereits am 21. März, also vier Tage vor der Hausdurchsuchung, schriftlich über die anstehende Aktion informiert.

Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft Wien mit dem Bundesamt für Korruptionsbekämpfung (BAK), ob es zu Amtsmissbrauch oder der Verletzung des Amtsgeheimnisses durch unbekannte Täter gekommen ist. Allerdings gab es noch keine Einvernahmen der beteiligten Beamten, wie die Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper moniert: "Hier muss nun rasch weitere Aufklärung erfolgen! Es ist wahrzunehmen, dass die Strafjustiz in Österreich in ganz unterschiedlichen Geschwindigkeiten arbeitet." Krisper hatte zuvor eine Sachverhaltsdarstellung eingebracht, um die Ermittlungen über einen "Maulwurf im Innenministerium" voranzutreiben. (Fabian Schmid, 17.7.2019)