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Das türkisches Bohrschiff Yavuz machte sich im Juni auf den Weg Richtung Zypern.

Foto: Reuters/Murad Sezer

Istanbul – Die Türkei will ihre Erdgasbohrungen vor Zypern trotz EU-Sanktionen fortsetzen. "Die beschlossenen Maßnahmen werden keine Auswirkung auf die Entschlossenheit der Türkei zur Fortsetzung ihrer Kohlenwasserstoffaktivitäten im östlichen Mittelmeer haben", erklärte das Außenamt am Dienstag. Zypern wies indes den türkischen Vorschlag einer gemeinsamen Nutzung der Gasvorkommen als inakzeptabel zurück.

Die EU-Außenminister hatten am Montag unter anderem entschieden, EU-Mittel für die Türkei zu kürzen. Zudem soll der Dialog auf hoher Ebene mit der Türkei gestoppt und die Verhandlungen über ein Luftverkehrsabkommen ausgesetzt werden.

Die EU-Außenminister forderten die EU-Kommission zudem auf, einen Vorschlag für Finanzsanktionen gegen türkische Verantwortliche zu erarbeiten, die an den Bohrungen beteiligt sind. Auch wurde die Europäische Investitionsbank aufgefordert, die Konditionen für Finanzhilfen an Ankara zu überprüfen.

Sanktionen "nicht ernst zu nehmen"

Der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu sagte bei einem Besuch in Skopje, die Sanktionen seien "nicht ernst zu nehmen" und würden die Türkei nicht aufhalten. "Die EU braucht uns, ob bei der Migrationsfrage oder anderen Themen. Sie müssen zu uns kommen, sie müssen Gespräche führen", sagte Çavuşoğlu.

Die Europäer wüssten selbst, dass sie ihre Strafmaßnahmen nicht umsetzen könnten. "Wenn ihr solche Entscheidungen trefft, werden wir unsere Aktivitäten verstärken", warnte er. In Kürze werde die Türkei ein viertes Schiff in das östliche Mittelmeer schicken.

Zypern wies den türkischen Vorschlag einer gemeinsamen Nutzung der Ressourcen am Dienstag zurück. Der Anführer der türkischen Zyprioten, Mustafa Akıncı, hatte am Samstag ein gemeinsames Komitee mit Vertretern beider Inselteile und dem Ziel einer Kooperation vorgeschlagen.

Zypern gegen gemeinsame Nutzung

Ein zypriotischer Regierungsvertreter lehnte dies ab. Eine gemeinsame Nutzung sei erst nach der Einigung auf ein Friedensabkommen möglich. Akıncıs Vorschlag lenke vom eigentlichen Problem auf Zypern und der "Notwendigkeit wirklicher Verhandlungen mit dem Ziel einer nachhaltigen und funktionierenden Lösung" ab, sagte er.

Seit der Entdeckung großer Gasvorkommen vor der Küste Zyperns gibt es Streit mit der Türkei um deren Ausbeutung. Völkerrechtlich umfasst die Republik Zypern die ganze Mittelmeerinsel, doch kontrolliert die Regierung in Nikosia de facto nur den griechischen Süden. Der türkische Norden ist de facto eigenständig, seitdem die türkische Armee 1974 in der Folge eines Militärputsches griechischer Nationalisten intervenierte.

Die seitdem bestehende Türkische Republik Nordzypern wird allerdings nur von Ankara anerkannt. Ein UN-Plan zur Wiedervereinigung wurde 2004 von den griechischen Zyprioten abgelehnt. Dennoch trat die Insel im selben Jahr als Ganzes der EU bei. Die Verhandlungen zur Überwindung der Teilung stecken seit 2017 fest. Die Türkei dringt darauf, dass die türkischen Zyprioten an den Gasvorkommen beteiligt werden.

Bohrschiffe in der Region

Die Republik Zypern betrachtet das Seegebiet um die ganze Insel als ihre Ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) und hat internationale Energiekonzerne mit der Ausbeutung der Gasvorkommen beauftragt. Die Türkei erkennt die zypriotische AWZ nicht an und beharrt darauf, dass zur Abgrenzung des Seegebiets die Küstenlinie der Festlandmasse herangezogen wird. In den vergangenen Monaten entsandte die Türkei Bohrschiffe in die Region. Die EU steht in dem Streit hinter ihrem Mitgliedsland Zypern und betrachtet das Vorgehen der Türkei als illegal. (APA, 17.7.2019)