Löwenzahn-Samen verfügen über optimale Flugeigenschaften.

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Lausanne – Wie können die Samen des Löwenzahns auch bei Luftwirbeln stabil weiterfliegen? Wissenschafter der L'Ecole polytechnique fédérale de Lausanne (EPFL) haben gemeinsam mit Kollegen den erstaunlich stabilen Flug der Samen modelliert, der Inspiration für technische Anwendungen liefern könnte. Pier Giuseppe Ledda von der ETH Lausanne hat zusammen mit italienischen und niederländischen Kollegen ein mathematisches Modell entwickelt, dass die Luftbewegung um den Flugschirm (Pappus) der Samen simuliert.

Dank dieses Modells stellten sie fest, dass die Anzahl der Härchen des Schirms entscheidend ist für die Flugstabilität. "Unser Modell hat berechnet, dass die maximale Anzahl der Härchen für stabilen Flug bei um die hundert liegt", erklärte Ledda. Das sei auch die Anzahl der Härchen, die Flugschirme natürlicherweise tragen.

Zwei Kriterien

Damit ein Objekt über größere Distanzen stabil durch die Luft reise, brauche es zwei Dinge, sagte EPFL-Professor Francois Gallaire: Zum einen müsse die Flugbahn (Trajektorie) so beständig wie möglich sein, zum anderen müsse der Strömungswiderstand groß genug sein. Bei rund hundert Härchen sind laut den Forschern beide Voraussetzungen optimal erfüllt.

Im vergangenen Jahr hatten Wissenschafter der University of Edinburgh berichtet, dass sich während des Flugs der Blumensamen ein ringförmiger Luftwirbel unter dem Flugschirm bildet. Dies ist möglich, weil die Luft nicht nur um den Schirm herum, sondern auch durch ihn hindurch strömt. Die Lücken zwischen den Härchen spielen somit eine entscheidende Rolle für den stabilen Flug.

Inspiration für technische Anwendungen

Wie die EPFL-Wissenschafter nun im Fachblatt "Physical Review Fluids" berichten, ergeben rund hundert Härchen gerade eine optimale Durchlässigkeit des Flugschirms: Bei mehr Härchen würde der ringförmige Luftwirbel unter dem Schirm zu groß, bei weniger zu klein. "Das würde zwar gute Stabilität bringen, aber nicht genug Strömungswiderstand", erklärte Ledda.

Die Erkenntnisse könnten auch technische Anwendungen inspirieren. So könnte man untersuchen, welche Auswirkungen die Porosität eines Objekts auf seinen Auftrieb und Stabilität der Flugbahn hätten, wurde Simone Camaari von der Universität Pisa zitiert. (red, APA, 17.7.2019)