Wir leben in einer Zeit, die uns ständig neue Temperaturrekorde bescheren wird. So mehren sich jetzt schon die Hinweise, dass der Juli global betrachtet der vermutlich wärmste Monat seit Beginn der Aufzeichnungen werden wird.

Ein bemerkenswerter lokaler Rekord wurde am Montag aus dem nördlichsten dauerhaft bewohnten Ort der Welt gemeldet, dem Militärstützpunkt Alert am nördlichsten Rand Kanadas. Am Montag wurden dort 21 Grad Celsius gemessen. So warm war es an diesem Ort, rund 900 Kilometer vom Nordpol entfernt, noch nie.

Von Alert (nomen es omen) sind es nur mehr 900 Kilometer bis zum Nordpol. In dieser Siedlung wurden am Montag 21 Grad Celsius gemessen.

Selbstverstärkende Prozesse

Grund für das Sommerwetter in der Arktis, das auch Alaska Anfang des Monats Höchsttemperaturen mit mehr als 30 Grad Celsius bescherte, ist warme Luft vom Atlantik. Forscher diskutieren mittlerweile, ob diese außergewöhnliche Großwetterlage womöglich auf eine Verlagerung des Jetstreams oder den Rückgang des arktischen Eises zurückzuführen ist. Das würde zugleich aber auch bedeuten, dass der Klimawandel im hohen Norden selbstverstärkende Prozesse in Gang setzen könnte.

Ein dramatisches Beispiel dafür sind die riesigen Wald- und Buschbrände, die seit Anfang Juni rund um den Polarkreises wüten und als die größten gelten, die je registriert wurden. Normalerweise treten solche Brände gehäuft erst im Juli oder August auf.

Eine aktuelle Satellitenaufnahme von Alaska. Gut erkennbar die Rauchschwaden aufgrund der Waldbrände.
Foto: NASA

Selbst auf Grönland brennt es

Doch durch das wärmere Frühjahr und die größere Trockenheit treten die Brände immer früher auf – und erreichen Rekordausmaße, was auch daran liegt, dass die Bäume und Sträucher mehr Grün tragen. Allein im nördlichen Russland wurden laut der Nachrichtenagentur Tass 175 Feuer auf einer Fläche von rund 128.000 Hektar gemeldet.

In Alaska hat man für 2019 bereits 400 Brände registriert, darunter 30 besonders große. Selbst auf Grönland steht die Vegetation in Flammen, wie nicht nur Satellitenaufnahmen zeigen:

Der Klimaforscher Mark Parrington, der sich im Rahmen des europäischen Erdbeobachtungsprogramms Copernicus auf die Analyse von Vegetationsbränden spezialisiert hat und darüber regelmäßig twittert, nennt die aktuelle Situation gegenüber dem Nachrichtenmagazin "Spiegel" schlicht beispiellos. Und er verweist gemeinsam mit anderen seiner Kollegen darauf, dass immer katastrophalere arktische Brände nicht nur eine Folge des Klimawandels sein dürften, sondern diesen ganz sicher auch noch verstärken.

Zu diesen positiven Rückkopplungen, die für das Klima alles andere als günstig sind, trägt vor allem das entstehende Kohlendioxid bei. Nach vorläufigen Berechnungen der Copernicus-Forscher wurden durch die brennende Vegetation rings um den nördlichen Polarkreis allein von Anfang Juni bis 14. Juli gut 80 Millionen Tonnen CO2 in die Atmosphäre geblasen. Das ist in etwa so viel, wie Österreich aktuell in einem Jahr emittiert.

Die fatale Rolle von Torf und Ruß

Doch es ist nicht nur das von den verbrennenden Bäumen und Büschen abgegebene Kohlendioxid, das den Klimawandel beschleunigt. Ein Gutteil des Arktisbodens ist von einer Torfschicht bedeckt, die aus organischer Materie besteht, die besonders viel Kohlenstoff bindet – bis zu 500 Milliarden Tonnen. Normale Feuer in der Arktis bringen bloß die obersten Torfschichten zum Glosen. Je wärmer und trockener es in der Arktis wird, desto größer ist die Chance, dass die Torfschichten selbst brennen und gewaltige Mengen Kohlendioxid freisetzen.

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Die Rauchschwaden eines aktuellen Waldbrands in Alaska, aufgenommen am 9. Juli in der Nähe von Fairbanks. Der Ruß heizt die Klimaerwärmung in der Arktis indirekt weiter an.
Foto: AP

Ein weiterer Faktor in diesem Teufelskreis ist schließlich der Rauch, der durch die Feuer entsteht und in Form von Ruß auch auf Schnee- und Eisflächen niedergeht. Das lässt diese schneller schmelzen, noch weniger Sonnenlicht wird reflektiert – und heizt die Arktis weiter auf. (tasch, 18.7.2019)