Parteiakademie (hier jene der ÖVP): Durchleuchtung kaum möglich

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Wien – Politische Teilnahme und die dafür notwendige politische Bildung gehörten zu den großen Themen der frühen 1970er-Jahre. Es war die große Zeit des Bundeskanzlers Bruno Kreisky und eines relativ stabilen Dreiparteiensystems, in dem die SPÖ eben die absolut stärkste Kraft war. Um den politischen Diskurs zu fördern, beschloss das Parlament damals, die Bildungsarbeit der Parteien zu fördern – und zwar über eigene Bildungseinrichtungen, die die Parteien einzurichten hätten.

Millionenbeträge mit schwacher Kontrolle

Dabei sollten sie möglichst frei sein, sowohl in der wissenschaftlichen Arbeit als auch in der politischen Ausrichtung – daher wurde als Kontrolle nur der Rechnungshof eingesetzt. Nun zeigt sich aber, dass dieser gar nicht effizient kontrollieren kann – dabei geht es um 10,5 Millionen Euro pro Kalenderjahr.

Im Jahr 2017 erhielt das Renner-Institut der SPÖ rund 2,45 Millionen Euro, die Politische Akademie der ÖVP 2,42 Millionen und das Freiheitliche Bildungsinstitut zwei Millionen. Rund 1,6 Millionen Euro gingen an die Grüne Bildungswerkstatt, 1,06 Millionen an das Neos-Lab. Das Team Stronach erhielt 994.582 Euro.

Unverbrauchte Mittel nicht kontrolliert

Schon die Kontrolle der etablierten Parteiakademien ist schwierig, völlig intransparent wird es aber, wenn eine Partei aus dem Parlament ausscheidet, heißt es im aktuellen RH-Bericht: "Die Bildungseinrichtungen unterlagen nach Ende des Bezugs von Förderungen keiner Berichtspflicht gegenüber dem RH bzw. der Bundesregierung mehr, auch wenn sie noch über unverbrauchte Fördermittel verfügten. Das betraf im überprüften Zeitraum die Zukunftsakademie Österreich, ab 2018 betraf es auch die Bildungseinrichtungen der Grünen und des Teams Stronach. Zusammen verfügten die drei Bildungseinrichtungen Ende 2017 über 1,73 Millionen Euro nichtverbrauchter Fördermittel. Über deren Verwendung müssen sie keinen Bericht mehr legen."

Aktuell hat der RH das Renner-Institut der SPÖ, die Politische Akademie der ÖVP, das Bildungsinstitut der FPÖ, die Grüne Bildungswerkstatt, das Neos-Lab, die Team-Stronach-Akademie und die Zukunftsakademie Österreich des BZÖ für die Jahre 2014 bis 2017 zu prüfen gehabt. Dabei zeigte sich, dass die letztgenannte Akademie nach dem Ausscheiden des BZÖ aus dem Nationalrat 2013 keine Förderungen mehr erhalten hat – aber sie hatte unverbrauchte Fördermittel, deren Verbleib die Prüfer nicht kontrollieren konnten.

Gesetzesänderung vorgeschlagen

Aber auch sonst erwies es sich als schwierig zu überprüfen, "ob die Fördermittel für die staatsbürgerliche Bildungsarbeit gemäß den gesetzlichen Vorgaben und unter Einhaltung der Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit verwendet wurden", wie der Prüfungsauftrag gelautet hat. Den Umstand, dass die Bundesregierung bzw. das Bundeskanzleramt (BKA) als Fördergeber keine direkten Kontrollrechte – wie zum Beispiel Einsichtsrechte in die Geschäftsgebarung – haben, kritisierte der Rechnungshof bereits in seinem 2014 veröffentlichten Bericht über die Parteiakademien. Zwar verfasste das BKA im Jahr 2015 einen Entwurf zur Änderung des Publizistikförderungsgesetzes, in dem die Förderung der Parteiakademien geregelt ist.

Jedoch: Dieser wurde nicht umgesetzt. Und selber geprüft hat das Kanzleramt auch nicht, obwohl die Parteiakademien laufend Berichte abgegeben haben.

Dabei hätte es durchaus Hinweise darauf gegeben, dass die Fördermittel nicht immer korrekt eingesetzt worden sind.

  • So hat das FPÖ-Bildungsinstitut ein Beratungsunternehmen eingeschaltet, das politische Strategien für die Partei in der Europa- und Außenpolitik entwerfen sollte. Nach Ansicht des RH ist es nicht zulässig, Fördermittel für die eigentliche Parteiarbeit einzusetzen. Auch die Spesenabrechnungen seien nicht immer konkreten Veranstaltungen zuzurechnen gewesen.
  • Die Grüne Bildungswerkstatt finanzierte Projekte Dritter – etwa der Jungen Grünen –, denen keine Kooperation zugrunde lag. Außerdem finanzierte sie in sechs von 80 überprüften Fällen Veranstaltungen, deren gesetzlich vorgeschriebene Federführung sie nicht innehatte.
  • Im Vorfeld der Nationalratswahl 2013 finanzierte die BZÖ-Zukunftsakademie mit den Fördermitteln 16.000 orange Schreibblöcke und 1.000 Kartenspiele. Diese waren mit BZÖ-Wahlslogans bzw. mit dem Foto des BZÖ-Spitzenkandidaten versehen und kamen im Wahlkampf zum Einsatz. Auch Umfragen und Kandidatenanalysen, die dem BZÖ, aber nicht der Öffentlichkeit zur Verfügung standen, qualifizierte der RH als "nicht richtlinienkonform".
  • Bei vielen Veranstaltungen der Team-Stronach-Akademie fielen umfangreiche Spesen und Bewirtungskosten an, die nicht – wie in den Richtlinien gefordert – in unmittelbarem Zusammenhang mit der Bildungsarbeit standen.

Mehr Einsicht gefordert

Insgesamt fordert der Rechnungshof mehr Transparenz: "Die Bildungseinrichtungen sollten im Publizistikförderungsgesetz ausdrücklich dazu verpflichtet werden, Organen oder Beauftragten des Bundes, insbesondere dem Bundeskanzleramt, Einsicht in ihre Bücher und Belege sowie in sonstige der Überprüfung der Durchführung der geförderten Tätigkeiten dienende Unterlagen zu gewähren, erforderliche Auskünfte zu erteilen oder erteilen zu lassen und geeignete Auskunftspersonen bereitzustellen, um Erhebungen der Bundesregierung bzw. des Bundeskanzleramts insbesondere im Zusammenhang mit der widmungsgemäßen Verwendung von Fördermitteln zu ermöglichen." Zudem brauche es striktere Regelungen, um die Zweckmäßigkeit der Ausgaben zu überprüfen. (Conrad Seidl, 18.7.2019)