Paul Gay versagt als Kerkermeister Rocco seinem gewissenlosen Chef Don Pizarro (Wilfried Zelinka) die Gefolgschaft. Ein Glanzmoment im eher biederen "Fidelio" auf der Burg Gars.

Foto: Claudia Prieler

Dass heutige Jungvermählte jemals die 50-jährige Weihe empfangen werden, gilt bei einer statistischen Scheidungsrate an die 50 Prozent als eher unwahrscheinlich. Bei den Opernfestspielen auf der Burg Gars stirbt die Hoffnung aber traditionell zuletzt. Und so scheut sich Regisseur Stephan Bruckmeier nicht, das greise Paar Florestan und Leonore zu den Klängen von Beethovens Messe in C-Dur zunächst goldene Hochzeit feiern zu lassen, ehe man als Flashback-Erinnerung das frühere Drama um Recht und Freiheit abspult.

Mit Fidelio, Beethovens einziger Oper, gibt Intendant und musikalischer Leiter Johannes Wildner ein Präludium zum 250. Geburtstag des Genies im kommenden Jahr. Die gut gemeinte Rahmenhandlung hinkt zwar wie so manches in der Umsetzung; sie darf trotzdem daran erinnern, dass Diktatur und Terrorjustiz gerade einmal ein Menschenleben zurückliegen.

Schemenhaft klassisch

Im zweiten Regieeinfall in der ansonsten schemenhaft klassischen Inszenierung verwandeln sich die Gitterstäbe des Kerkers, aus dem Florestan (Herbert Lippert) durch die Liebe Leonores (Magdalena Renwart) entkommt, Letter für Letter in Begriffe wie "Freiheit", "Menschenrecht", "Recht auf Würde". So manchen Politiker im Premierenpublikum wird es da nach näherer Definition des Gutmenschen-ABCs gelüstet haben.

Musikalisch gefielen die Nebenpartien: Paul Gay als Kerkermeister Rocco, Caroline Wenborne als Marzelline. Zum Schluss erhob sich das Publikum zögerlich, aber doch zur Ode an die Freude. Trotzige Standing Ovations für ein kriselndes Europa, weniger für die Oper. (stew, 19.7.2019)